binz.

am ende der ungefähr 400 meter langen landungsbrücke kann ich manchen menschen ansehen, aus welchem anlass sie hier sind. ich sortiere die drögen touristen und kleinfamilien aus, die auf ihre fähre wartenden pauschalbucher, die windkältequengler und die "könnten sie bitte ein foto von uns machen?"-frager. übrig bleiben die, die wegen des meers hier stehen. die stillen pärchen, die auch nur auf den horizont starren und fassungslos gucken; die stadtkinder, die zum ersten mal die ostsee erleben; die, die irgendetwas suchen, und es hier zwar auch nicht finden, aber vom erleben gerade erstmal abgelenkt sind, immerhin. manchmal steht ein rentnerpärchen neben mir, zu dem ich mir eine geschichte ausmalen kann, und selbst wenn ich völlig daneben liege, ist es doch eine wunderbar tragische und passende geschichte, das seh' ich in ihren blicken. keiner von denen weiss, warum ich hier bin, ich weiss es selbst nicht, die ganzen whatifs rennen im kopf herum und drehen laut auf, weil dort auf einmal soviel platz ist. anstatt zu sich zu kommen, ist man hier außer sich, auflösung statt einkehr, auch eine erkenntnis immerhin. zentrifugal.

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die strandrestaurants sind natürlich profis, preislich und qualitativ und was den service angeht. handgriffe sitzen, mahlzeiten benötigen höchstens ein paar minuten zwischen bestellung und gutenappetit, alles schmeckt einerlei, obwohl nicht völlig scheiße. es ist spektakulär langweilig hier zu sitzen. auf der pizza ist zuviel oregano und auf dem in dieser gegend immer noch als statussymbol missverstandenen großflachmonsterbildfernseher läuft eurosport im falschen seitenverhältnis, ohne ton, denn der kommt von aerosmith oder t'pau von einer timelife-collection aus dem off. das eis ist "orig. ital.", und die bedienung flirtet mit mir, das gehört zu ihrem job, mir gefällt es trotzdem, es stört mich zumindest weniger als die tv-fehlkonfiguration. pizza siebenfünfzig, doppelter espresso zweifünfzig, machen sie elf, grazie, und sogar der italienische akzent klingt für einen moment irgendwie unfake. hier denkt gerade keiner an das meer, und das ist mit abstand das schadeste von allem. 

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ich wundere mich, dass ich nicht friere, wenn ich auf das meer starre und zuhöre. ich wundere mich auch, dass das meer nachts dunkler ist als der himmel, wenn ich mich nach ein paar minuten erst einmal an die schwarzkontraste ("meinten sie graustufen?") gewöhnt habe. ich wundere mich, dass ich bei starkem wind schlechter atmen kann. ich wundere mich ein wenig, dass mir die zwei buchstaben einfallen, die seit fünf jahren ein paar kilometer weiter links in einen baumstamm geritzt sind, nicht irgendwelche, sondern -natürlich- /diese/ zwei buchstaben, ich denke an störungen und an wiederholungen und muster und wundere mich ein bisschen weniger. mein hotelzimmer ist unanständig und unangemessen groß, ich habe keine ausrede ausser all den üblichen. wenn mich die traurigkeit bei den eiern packt, mit den fingern im mund und den fäusten im himmel, hab' ich immerhin genug platz um durchzudrehen. rapid mood movement: ab welcher frequenz kann man sich einfach auf den mittelwert einigen? fühle mich schäbig, und meta-deswegen also wieder besser: vielleicht wird das ja doch alles irgendwann wieder (futur ist ein fliegender weißer zotteldrache).

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"geht das zusammen?", fragt die andere bedienung am nächsten morgen, als sie die rechnung für den kaffee bringen soll. meine gag-erkennung ist noch nicht startklar, ich benötige einen tick zu lang und mein lächeln wirkt unsouverän. was das meer so mit einem macht.

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(was ich ja ganz fabelhaft kann, ist gutsein. hilft das?)