kai-uwe

kai-uwe ist zwei personen, hat also vier beine und vier arme und zwei nasen und keine frisur. maximal zwei haarschnitte. kai-uwe tanzt an einem freitagabend in einem der hiesigen studentenclubs. oder er glaubt es zu tun.

die eine hälfte von kai-uwe trägt ein helles kurzärmliges hemd mit tribal[tm]-aufdruck in klassisch weitem c&a-schnitt, bis knapp über seinen hintern hängend, kunstseidigglatt (das hemd, nicht der hintern). die andere hälfte von kai-uwe kontert mit einem orange-weiß-karierten zwar ursprünglich langärmligen, aber die ärmel in hochgekrempeltstellung (bis über die ellenbogen!) befindlichem mode-ersatz, der gemeinhin unter "holzfäller-hemd" oder "e-techniker- bzw. maschinenbauer-outfit" gehandelt wird.

kai-uwe tanzt also. zusammen. also, mit sich selbst. die beiden hälften von kai-uwe prosten sich dabei zu, gröhlen zu rammstein und machen dabei den nicht mal mehr in ernstzunehmenden metaller-kreisen verwendeten "satans-gruß", während sie ihre kurzhaarschnitte gerade so sehr schütteln, daß es noch nicht ganz zu einer gehirnerschütterung reicht. zu den chemical brothers wackelt kai-uwe mit seinen hintern (nicht sichtbar, da durch die hemden überdeckt, aber wäre es ein sexy hintern, würde man ja ganz intuitiv sein hemd anders tragen), zu depeche mode mit seinen bäuchen. daß es umgekehrt sinnvoller wäre, merkt kai-uwe nicht. lauthalsiges mitsingen auf gröhl-basis, mit dem bierglas auf der tanzfläche, mit den blicken bei den medienwissenschafts-studentinnen am rand derselben.
während temple of love äfft kai-uwe den tanzstil der luminanzgeforderten melancholiker nach, während der metal-runde lacht kai-uwe die langhaarigen lederjackenträger aus. kai-uwe besitzt offenbar nicht mal das feingefühl um rechtzeitig zu bemerken, wann er vielleicht doch mal besser die klappe halten sollte. nach der kurzen folgenden konfrontation besorgt sich kai-uwe ein neues bier, zur selbstbestätigung. 

kai-uwe gehört zu der sorte studenten, für die man nur mitleid haben kann. sollte. müßte. kai-uwe studiert von montag bis freitag, geht auch noch im siebten semester pünktlich zu allen vorlesungen, wird das studium innerhalb der regelstudienzeit beenden, und macht freitags "einen drauf", indem er sein taschengeld für bier ausgibt. kai-uwe wird sich nach dem studium auf einen job bewerben und ihn bekommen, danach vielleicht über eine kontaktanzeige in der thüringer allgemeinen eine kontaktanzeigenkompatible freundin (treu, spontan, humorvoll, mag hunde und findet zuspätkommen doof) finden, die er irgendwann heiratet und mit der er dann auch mal sex haben, nein, liebe machen wird. kai-uwe hat kein leben, sondern nur das, was ihm irgendwann mal als solches verkauft wurde. kai-uwe zweifelt nie, weil er nicht über sich nachdenkt, und es würde ihm auch nie einfallen, dinge in frage zu stellen, die nicht rational beantwortbar sind. kai-uwe ist nicht neugierig, sondern wissensdurstig. musik ist für kai-uwe nicht grund, sondern anlaß. und auch nicht zweck, sondern ziel. kai-uwe trinkt bier, um sich von außen die selbstbestätigung zu simulieren, die er anders nicht bekommt.

auf eine seltsame art ist kai-uwe wahrscheinlich glücklicher als ich. ich möchte trotzdem nie so werden wie er.