wir hatten gerade einen sitzplatz im erwartbar völlig überfüllten "besten eiscafé der stadt" gefunden, als sie mich fragte, wie ich mir denn mein leben in zukunft so vorstelle. ich wohnte damals vorübergehend in der großen stadt, bzw. in der mittelgroßen zwischen der großen und der fastgroßen, und war verliebt. was einerseits natürlich toll war. das andererseits bemerkte ich leider erst monate später.
noch bevor wir uns also, neben schwitzende großfamilien gequetscht, über die beiden schokobecher hermachten, fragte sie mich aus sehr heiterem himmel, wo ich mich in 10 jahren sähe. an dieser stelle hätte ich besser in panik geraten, nach hause fahren und sie nie wieder sehen sollen, damals aber merkte ich nicht, daß das eine ihrer fangfragen war, die sie so gern stellte. außerdem war ich ja verliebt. aber mit der subjektivität ist das eben bekanntlich so eine sache. anstatt verwirrt zu sein ob der vollkommen fehlenden subtilität, anstatt die frage ironisch leicht zu interpretieren und locker-flockig zu antworten, anstatt das thema zu wechseln, saugte ich mir nervös einen wirren mix aus 3-/4-zimmer-wohnung, altbau, guter wohngegend, selbständigkeit, familie mit zwei kindern, tollem freundeskreis und gutem sex auch nach 10 jahren ehe aus den synapsen und bildete mir wirklich ein, glaubwürdig zu klingen, während ich meinem eis beim schmelzen, meiner gegenübersitzenden flamme beim mißtrauischen beäugen und meinen hirnzellen beim absterben zusah.
wenn zwischengefragt wurde, korrigierte ich meine antwort entsprechend ("ja, so hatte ich das gemeint" oder "natürlich nicht, ich seh' das schon eher wie du"). ich kannte sie schon eine ganze weile und steigerte mich ebensolang in diese seltsame art von method acting hinein, in die man gerät, wenn man es jemandem recht machen will, nicht weil man denjenigen schätzt, sondern weil man von demjenigen gemocht werden wollte. koste es was wolle, mit anlauf in den egoverlust-fettnapf hinein. chamäleon-charakter. nicht auffallen, sondern sich der umgebung, also der anforderung, nein, der erwartung anpassen. ohne es selbst zu bemerken. damals nannte ich das "verliebt sein", manchmal sogar "liebe".
(die nachfolgenden monate waren dann die klassische achterbahnfahrt. ohne loopings zwar, aber immer schön durchgeschüttelt. wochentags-vormittage verbrachte ich mit dem wetten gegen mich selbst, ob sie mir heute wohl- oder eher feindlichgesonnen war, an wochenenden stritten wir uns meistens. wir taten dabei die ganze zeit nichts außergewöhnliches, wir arbeiteten darauf hin, ein spießerpaar zu werden. ich, ohne es zu merken, und sie wahrscheinlich mit absicht. )
das mit abstand gesündeste an jenem nachmittag dürfte jedenfalls das schokoladeneis gewesen sein.
und was lernen wir daraus? erstens: be true to yourself, liebe kinder, auch wenn's schwerfällt. und zweitens: manche postings haben einfach keine pointe.
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