was bei scooter eben das spektakuläre ist, im ganz eigentümlichen sinne debords (so banal wie beeindruckend, so plump wie toll), ist bei einem achtstündigen konzert von max richter auf eine ähnlich bekloppte art vielleicht der kraftakt-aspekt, das schwerbeschreibliche, das immense: "sleep" in vollständig, aufgeführt im kraftwerk (einem -ach?- ehemaligen kraftwerk!), von mitternacht bis acht uhr morgens, vor jeweils 400 feldbebetteten menschen, die mit schlafsäcken und kuscheldeckchen ausgestattet angerückt waren, live, zu siebt - inklusive max richter und einer sopranistin -, auf nahbarer bühne, in einer werknacht. man kann auf die "wie war’s?"-frage dann nicht einfach so antworten wie bei irgendeinem der paarhundert anderen konzerte, die man jedes jahr erlebt, und man kann nicht einfach eine wahrnehmungsbeschreibung in ein blog knallen und das ganze guten gewissens "rezension" nennen. dafür ist das erlebte zu arg, zu intensiv, zu seltsam und zu verrückt. genau wie scooter kein "konzert" spielt in dem sinne wie jemand, der auf konzerte geht, diesen begriff versteht, genau so wenig war die sleep-nacht (eine von dreien) ein solches konzert.
denn man sitzt anfangs auf den zugewiesenen feldbetten und erwartet ein nettes (wenn auch langes) sinfonisches ambient-konzert, mit jedem nickerchen und mit jedem abschweifen gewissermaßen rutscht man ein paar stücke tiefer in -huch!- genau diesen "schlaf", henne/ei-angelegenheit mal anders, der als empfehlung beim rezipieren schon mitgegeben wurde. aber so-rum wird eben eine möhre draus. will sagen: einem achtstündigen "werk" lässt sich nicht einfach so folgen wie einem dreieinhalbminütigen song, auch nicht wie einem einstündigen "set". die dramaturgie lässt sich nicht mal eben so erfassen wie bei musik, die man kennt. die "partiturlektüre" (oder besser: die kognitive choreographie der nacht, um die dramasemantik noch viel tiefer reinzureiten - also das potential, die chance, die möglichkeit ein solches werk noch nicht einmal zu interpretieren oder gar zu verstehen, sondern nur schon es erst mal aufzunehmen) scheitert.
graduell ist man immer mehr beeindruckt, zwei bis drei kurznickerchen weiter auf einmal geflasht und entrückt, obwohl-und-weil man permanent abschweift. beim hören, mitdenken, verstehenwollen. beim knistern der heizstrahler, beim bemerken der socken max richters, beim beobachten des eigenen zeitgefühls, bei tee und mitpublikum, angesichts der steadicam-operatoren und der flügel-marke und der bettenordnung und der notizen, die sich max richter während des konzerts in seine eigenen papiernoten kritzelt. all das überfordert und fächert die konzentration auf. sogar die angemessene lautstärke. während man acht stunden lang liegt, sitzt, läuft, positionen wechselt, wach ist, schläft, deliriert und fokussiert. nach sechs stunden erschrickt man aufgrund völlig plumper schönheit der musik, nach weiteren 20 minuten aufgrund der totalen ablenkung durch die interpretation der verschiedenen dynamiken (und: konstellationen) im raum, und irgendwann sind die acht stunden rum und man ist sich kitschig unsicher, wie hoch der traumanteil der letzten nacht gewesen ist.
(aber wenn wir schon bei "träumen" sind: hätte ich mir auch nie .. lassen, mal max richter und hp baxxter im gleichen banalwahrnehmungstext zu verwursten.)
beeindruckt vom eigenen scheitern in so vielerlei hinsicht ist man gewissermaßen, bemerkt man dann das alles auf dem heimweg im sonnenlicht. und meta auch noch mehr dadurch, von so zarter musik, von einem dermaßen unaufdringlichen kunstwerk, so durchgeschüttelt worden zu sein, dass man schon weiß, dass aus dem text darüber keine rezension mehr werden kann.