wir unterbrechen kurz für die werbung (oder: feelin' fragile)

argh.de tut empfehlennormalerweise berührt einen musik ja, weil man sie mit erinnerungen, erlebnissen, menschen oder wenigstens einem guten abendessen verbindet. manche menschen können über einzelne items aus ihrer plattensammlung kleine geschichten erzählen, erinnern sich anhand von tonträgern an ex-freundinnen oder meinetwegen auch an gute parties oder konzerte.

morrissey dvd-cover"who put the 'm' in manchester?" läuft hier seit einer halben stunde, und seitdem flenne ich fast durchgehend. honestly. ich sitze debil lächelnd und nicht einfach nur "mit pipi in den augen" vor dem bildschirm, auf dem diese dvd läuft, sondern habe einen taschentuchverbrauch wie sonst nur ungefickte endvierzigerinnen, wenn sie sich filme mit robert redford ansehen. "everyday is like sunday" hab' ich jetzt sicher 5x nacheinander angesehen, und immer zwischen "come armageddon, come" und "everyday is like .." flippe ich aus.

das ist mir peinlich. zu morrissey hatte ich keine verbindung, kann keine geschichtchen rauskramen, hab' die smiths damals noch nicht richtig mitbekommen - nichts. ein paar "hits" aus der jugend und tolle lyrics, aber das war alles. und jetzt führe ich mich auf, als hätte ich zu seinen songs die liebe meines lebens verloren. oder gefunden. läuft ja fast auf's gleiche hinaus. aber immerhin hab' ich jetzt in zukunft eine geschichte, die ich dazu erzählen kann ("die dvd, die mich zum glücklichen heulen brachte").

screenshotmorrissey ist nicht die "coole sau", als die er so oft hingestellt wird, von rezensenten, die nur abschreiben, ohne wenigstens die dvd angesehen zu haben. coole säue sind meinetwegen mike patton oder mike ness, morrissey ist da eher gentleman. demütig dem publikum gegenüber, gegenseitige achtung, respekt, für "coole sau" fehlt ihm der egoismus. sieht man ja heutzutage immer seltener bei konzerten. minutenlang versucht ein fan, vorn über die absperrung geklettert, morrisey kurz zu berühren, wird von der security zurückgehalten, versucht es weiter, morrissey lächelt, fühlt sich geehrt - allein durch diese geste, "trotz" der tausend jubelnden fans drumrum, durch diesen einen speziellen fan. diese szenen, mehrere davon auf der dvd, in der er sich vorn an der bühne nach unten beugt und einem fan die hand gibt, sind die bemerkenswertesten auf der ganzen dvd.

alles ein wenig ehrlicher, ein wenig mehr "to the heart". nicht mal menschen, die ein "morrissey"-tattoo auf dem oberarm haben, sind hier von der peinlichen sorte. was man bemerkt, wenn man im interview (im in- und outro der dvd) das funkeln in ihren augen sieht, wenn sie erzählen, weswegen sie morrissey toll finden. alte schule (das ist übrigens etwas anderes als "oldschool"). groß. und wenn der ausdruck "er wird eure herzen blutig massieren" nicht schon von sarah kuttner für moneybrother reserviert wäre, hierfür wäre er gemacht.

(wer diese dvd nicht kauft, ist ein schlechter mensch.)

"sowas wie amazon halt."

heute zum ersten mal von einem ca. 10jährigen knirps die ernstgemeinte antwort "einen onlineshop betreiben!" gehört, auf die frage hin, was er mal werden wolle, wenn er groß (größer) ist.
manchmal frage ich mich, wer in 20 jahren überhaupt noch brände löschen soll.

mein exfreund

heute habe ich mit mir schluß gemacht. wir waren viel zu lang zusammen, die beziehung lief destruktiv. angefangen bei kleineren dingen, die mich an mir störten, wollten wir es wohl eine ganze weile nicht wahrhaben, daß wir nicht zueinander paßten. später dann die großen streits, das gegenseitige unverständnis. und daß die beziehung nur noch aus kompromissen bestand. was dazu führte, daß weder ich noch ich ehrlich zueinander waren. in unterhaltungen mit dritten ließen wir uns entweder gegenseitig nicht zu wort kommen oder schwiegen gemeinsam. andeutungen aus meinem (oder meinem) freundeskreis, daß ich mich verändert hätte, ignorierte ich. wir verschmolzen nie so sehr miteinander, wie das all die spießer-paare irgendwann schafften, wir waren uns manchmal so fremd, wie man es nur an schlechten tagen seinen eltern gegenüber sein kann. die streits wurden langweilig, der sex war es schon immer gewesen, unsere freundeskreise kamen nie ansatzweise zusammen. heute, bei der trennung, waren wir erstmals seit über 29 jahren einer meinung. ich wünsche mir viel glück.

finally:

seit gestern gibt's jay (the tonight show with jay leno, 2300 cet) und conan (late night with conan o'brien, 2345 cet) wieder täglich auf cnbc, also in vielen (den meisten?) kabelnetzen hierzulande. den zeitversatz zum us-original von derzeit noch mehreren tagen kann man da wohl verschmerzen - hauptsache überhaupt erstmal wieder gute latenight-shows im "deutschen" fernsehen. die zeitangaben auf der cnbc-webseite stimmen noch nicht ganz, aber die gästelisten sind schon aktuell:

the tonight show with jay leno (schedule).
late night with conan o'brien (schedule).

(via)

(mehr kryptik.)

"ich werde allein dort sein, aber es wird trotzdem doof werden."

es sind diese kleinen nebensätze in mails, die mich zum lächeln bringen.

breaking news: fünfter fall entdeckt.

der sog. definitiv (von lat. casus definitivus - entscheidender, bestimmender fall) ist in der deutschen grammatik der 5. fall. er dient dazu, die beziehung des nomens zu anderen wörtern im satz zu festigen bzw. abzusichern (vgl. gesprächstherapie). im definitiv stehen u.a. wortgruppen, die eine bestätigung ausdrücken.

zusammenfassung der fälle

1. fall (nominativ): wer-fall
2. fall (genitiv): wes-fall
3. fall (dativ): wem-fall
4. fall (akkusativ): wen-fall
5. fall (definitiv): not-fall bzw. ein-fall

(wer? / wessen? / wem? / wen? / sind sie sicher?)

beispielsatz

alt: hans schickt gabis freund einen brief.
[wer? hans. wessen freund? gabis. wem? gabis freund. wen? einen brief.]

neu: hans schickt gabis freund einen einschreibebrief.
[wer? hans. wessen freund? gabis. wem? gabis freund. wen? einen brief. bist du sicher? ziemlich.]

text ohne originelle überschrift

in der apotheke beim warten auf die apothekerin meines vertrauens ein wenig die süßwarenauslage im kassenbereich betrachtet (geschäftsidee: aspirin- und vitasprint-freie kassen, zum schutz von impulskäufern wie mir vor sich selbst - marktlücke!). naturgemäß (apotheken-natur, nicht meine) dort eher medizinische und drogerienahe artikel in der hand gehalten. raucher-entwöhnungspflaster, abführ- und reinstopf-mittel, dermatologisch getestete hustenbonbons, hautberuhigendes after-shave-balsam. "das ist fuer herren", teilt mir die fachkraftsdame mit, als sie an die kasse geeilt kommt.

auf dem heimweg, natürlich, diverse potentiell originelle antworten ("oh, also nicht für studenten?", "danke, aber ich hatte sowieso nicht vor, es zu kaufen", "ach so!" oder "na, sie müssen's ja wissen.") durchgespielt. zu cool sein gewollt (also zu faul gewesen), deswegen nicht nochmal zurückgegangen. wer braucht schon aftershave-balsam, wenn er cool sein will?

crescendo

ihr sprecht von communities, new media journalism, rss und pageviews. ihr verwaltet euer leben mit delicious-flickr-blogrolling-furl-gmail und habt dabei keine ahnung, was usenet und irc sind. webseiten betrachtet ihr in eurem feedreader, kneipenbesuche ("gutbürgerlich") tituliert ihr als collaborative social event, weblogs sind für euch "so ein graswurzelding". ihr hetzt anwälte auf google, wenn ihr eure seiten dort nicht mehr im index findet. ihr habt den spaß an der sache verloren und die seele darin habt ihr sowieso nie bemerkt. früher, im fido-net, hättet ihr euch zu "network coördinators" wählen lassen. wenn ihr nicht so einen schlechten klamottengeschmack und mundgeruch hättet, würde man euch für schlipstragende finanzbeamte (mitte 40, single, abendgestaltung rtl) halten. ihr spielt seifenopern im netz nach, ihr hechelt trackbacks hinterher und theoretisiert anti-spam-verfahren für kommentare, und wenn ihr gespreeblickt wurdet, dann geht euch einer ab. ihr haltet das siezen im netz für understatement und pseudonymität für schick. und wenn apple furzt, kichert ihr.

ihr belächelt die diary-schreiber und laßt die befindlichkeitsliteraten noch ein wenig mitspielen, wißt aber selbst nicht so genau, warum ihr das tut. ihr wertet "humorlosigkeit" nicht als beleidigung und versteht ironie nur selten. bei diskussionen über privacy und datenschutz diskutiert ihr mit, weil es alle tun. ihr habt eure arschbacken seit jahren nicht mehr entkrampft, ihr verlinkt euch selbst, führt zweitblogs, und es stört euch auch nicht, wenn jemand "der blog" sagt. ihr seid die bwl-studenten an unserer uni, die ihrer caféteria den namen "blogosphäre" gegeben haben und nicht bemerken, daß im nebengebäude gerade die philosophen mit den mathematikern eine gangbang veranstalten. ihr denkt euch affiliate-programme aus und haltet python für eine programmiersprache. ihr habt "idole".

eure plattensammlung besteht aus compilation-cds und befindet sich in einem ikea-regal. ihr hattet noch nie gespräche mit menschen, die euer leben verändert haben (schließlich habt ihr alles schon geplant). ihr geht einmal im jahr zu klassentreffen und bildet euch ein, "es" geschafft zu haben. nachrichten schaut ihr auf pro7, während ihr euch buttons für eure webseite bastelt und das ganze popkultur nennt. ihr seid noch nie nachts um halb vier mit musik im kopf nach hause gelaufen und hattet dabei das bild einer person vor augen, in die ihr euch für ein paar stunden verknallt hattet. ihr hattet noch nie guten sex, ihr hattet auch noch nie guten streit, ihr hattet noch nie eine gute zeit. ihr geht bei regen nur mit schirm nach draußen, ihr sprecht keine fremden an, bei denen ihr spontan das gefühl habt, ihr würdet euch mit ihnen gut verstehen. ihr kennt noch nicht mal dieses gefühl. ihr könnt euch nicht für situationen oder orte begeistern, eure "hingabe" äußert sich in der einhaltung von deadlines. ihr könnt nicht küssen, aber ihr kennt immerhin webseiten darüber. ihr werdet diesen text verlinken mit sätzen wie "frank schreibt sich seinen frust von der seele" oder "lesetip!", vielleicht auch mit "da ist aber heute jemand schlecht gelaunt", und werdet es für ironie halten, wenn ihr es gerade jetzt trotzdem tut.

ihr seid blogger, ich nicht.