bademanteltage

(runtergetippt as it happened in meinem kopp, auf lektorat verzichtet, auf absätze auch, und nach diktat vereist & verreist.)

symbolbild

knapp zwei jahre jetzt also. in denen aber doch eigentlich kaum was passiert ist. das zeitgefühl ist weg, die puste so langsam auch. aber sonst? ich hatte drei impfungen und eine "erkrankung" hinterher, so eine in anführungszeichen, mein sammelheftchen ist gewissermaßen voll und trotzdem scheint da noch irgendwas zu fehlen. mein dad war einer der ersten biontech-empfänger damals, ende lassmichkurzüberlegen 2020 war das, deswegen ist er -geviertimpft- mir auch längst wieder eine impfung und derzeit 46 lebensjahre voraus. überhaupt, wieso nennen das alle "pieks"? es ist das vielleicht geilste, fortschrittlichste, irrsinnigste, was ich -vermutlich- jemals erlebt haben werde - kann man da nicht ein bisschen mehr ernsthaftigkeit, meinetwegen auch demut erwarten als ein semantisches piratenpflaster? ende april 2021 hab’ ich geflennt vor glück und dabei war’s "nur" astra zeneca, aber das zeug schützte ja offenbar nicht nur gegen das stachelvirus, sondern half auch ganz gut gegen (meine) panikattacken. tbt der abend mit den "neben"-wirkungen, drei stunden schüttelfrost und eigennamenamnesie und hinterher dieses noch bis heute anhaltende staunen darüber, entspannt zu sein/bleiben trotz und bei und wegen knapp 40 fieber einfach nur im urvertrauen auf wissenschaft und körper bzw. biologie, sich selbst dabei zu spüren wie dieses fleisch/organ/knochen-ding arbeitet und checkt und rumkrasst. es ist so ein wahnsinniger wahnsinn, ironiefrei. im vergleich dazu ende juni biontech nicht der rede wert, im dezember moderna bisschen anders, aber beide auch direkt schon wieder verbucht als wär’ man profi im geimpftwerden, also nicht nur das ego dabei, sondern auch das olle körper-ding, fast schon schade, but - well. beim "milden verlauf" anfang 2022 dann noch ein kurzes aufflammen der begeisterung: what if, ich mag nicht dran denken, die "geringe viruslast" vor den impfungen passiert wäre, wie mild wäre der januar dann gewesen?, und let’s not talk (or think) about the whole panikattacken-nebenhandlung. die ja wiederum pre-erstimpfung zu einer flugticketbuchung und direkt weiter nach moskau geführt hätte, mit lastminute-express-visum und shady impf-angebot durch einen norwegischen (?) reiseveranstalter für 2x 3 tage aufenthalt im abstand von 21 tagen, - aber wo doch an den zaubertrank hier halt um’s verrecken nicht ranzukommen war, notwehr gewissermaßen, take me in your saviour-arms, rote großmacht, und ich hatte echt schon mehr geld für größeren quatsch ausgegeben, so what. eine der gleichzeitig zur reisebuchung verschickten knapp 50 irre freundlich formulierten mails an berliner arztpraxen brachte dann aber 5 tage vor flug an einem freitagabend den anruf "können sie morgen früh um 10 hier sein?" - "KLAR!", und ich glaube, ich hab’ wirklich in großbuchstaben geredet (und am nächsten morgen dann nicht nur geflennt vor freude, siehe oben, sondern auch wegen der reisestornogebühren, aber: auch siehe oben, wenn das mal nicht einer der am wenigsten schlechten gründe in meinem leben war, sehr viel geld auszugeben, dann bin ich gespannt was da noch kommt). also: ja, schiss hatte ich, mehrmals bzw. durchgehend, und first rule of anxiety club ist ja bekanntlich eben gerade /nicht/ durchatmen und entspannen, sondern aktives ablenken, ~führung~, den gedanken keinen raum lassen (über intensivstationen und angehörige und doomscrolling nachzudenken), sondern sich beschäftigen. und kaum ist man ein paar nächte nacheinander schlaflos, hat man alle staffeln brooklyn nine-nine und archer durchgeguckt. plot twist: über intensivstationen und angehörige denkt man natürlich gleichzeitig trotzdem nach, und doomscrolling geht auch auf dem zweiten screen während auf dem anderen die serien laufen. ja, "soo leicht krieg’ ich mich nicht, freundchen!", ich war schon immer ein bisschen schlauer als ich dachte, bzw. eben nicht. letzteres (also: nicht) ja vor allem zu anfang, als sätze fielen wie "lass uns das konzert mal von april (2020) auf juni (2020) verschieben, man kann ja nie wissen, sicher ist sicher". und ersteres (also schlauer) vor allem je jetzter desto mehr: was haben wir uns nicht alles für begriffe und kulturtechniken draufgeschafft in diesen zwei jahren, über virusvarianten und contact-tracing und wissenschaft und peerreviews und markuslanz und politik und über bluetooth und inzidenzwerte und gesundheitsämter und hygieneschutzanordnungen und über illegalität von parties und über lieferkettenlogistik und über ffp2, so.viel.neues. war das früher auch so und man hatte es nur nicht bemerkt? fällt mir das nur auf weil’s so ein FUCKING EVENT ist und man seit zwei jahren im bademanteligen homeoffice verbringt und - siehe oben - die kognitive führung fehlt? anderer-andererseits aber ja auch wieder spannend: zu faul (immer gewesen) um irgendwas zu LERNEN ohne anlass, sprachen oder skills die ich nicht benötige, im gegensatz zu interessen und neugierden bei denen es einem ja noch nicht mal wie "lernen" vorkommt - das coronading als aufgezwungenes interesse nur wegen seiner ~wichtigkeit~ (um die panik mal positiv zu ~framen~). der "fucking event" (zitat sarah) als solcher funktioniert halt in dieser hinsicht verlässlich: kaum bekomm’ ich am dienstagabend im auto mein positives testergebnis per email, schon weiß ich nicht mehr auf welchem weg ich dann heimgefahren bin und mit wem ich direkt telefoniert habe noch als ich meine tasche für’s krankenhaus VORSICHTSHALBER GEPACKT habe, um dann erst mal zu googeln, was der sog. "ct-wert" eigentlich bedeutet. und wieder: neues wissen. irre. 9 weitere bademanteltage und 6 staffeln "superstore" später alles wieder wie zuvor, und jetzt sitz’ ich hier mit der gepackten krankenhaustasche. das ist jetzt also der eNdEmIsChE zUsTaNd demnächst, auch gut, also jedenfalls was die angstattacken angeht, die dann vermutlich zur von früher gewohnten "generellen sorge" mutieren - und was die PARTIES angeht, die, und auch das muss man ja zugeben, so im halblegalen underground auf eine gewisse art besser in der erinnerung bleiben (werden) als, naja, alle anderen. allein schon weil’s die seltenen momente waren, wo man (also: ich) gerade TROTZ der angst und panik und skepsis .. völlig absichtlich und zweckmäßig es geschafft hat sich abzulenken genau davon, ohne alkohol oder drogen zu benötigen (aber let’s be honest, ja, schon gut - das ganze ding rund um körper und selbstwahrnehmung und sex und nähe und hirn und affekt in diesen zwei jahren, in denen "körperflüssigkeiten" einen anderen kontext bekamen als zuvor, in denen "alkohol" eine andere bedeutung hatte und "drogen" ja sowieso, das wäre einen eigenen text wert, maybe next time). ablenkung generell aber, again, egal womit und wodurch: geiler scheiß, so rückblickend - die plötzlichkeit, die überraschung, der kontrast quasi zwischen der fuckedupness der welt und dem moment, zwischen angst und euphorie, zwischen planung und spontan, der war in den letzten zwei jahren tatsächlich (zwar seltener, aber eben auch) beeindruckender als in den anderen vorher. for what it’s worth.