(weil's ja sonst wieder keiner macht: bullshit science.)
(bitte die fluchwege freihalten)
was nervt, im netz, übrigens: die hypes, vor allem die kleinen ("meinten sie 'die sau durch's dorf treiben'?"). konkret: diese ganze scheiße, für die sich kein mensch wirklich /interessieren/ kann, außer er hat von natur aus keine interessen. ob politiker (und zwar nicht die, die die welt verändern, sondern die anderen, die milchgesichter haben und schlipse tragen und interviews vor kameras geben) bloggen/twittern. meinetwegen hätte koch "weg-gemüßt" (so eloquent wie die slogans der rotfratzen bei twitter kann ich nicht mal besoffen), aber eine gute absicht war noch nie entschuldigung für schwere formfehler. (es juckt mich in den fingern, im vorigen satz noch ein "bekanntlich" unterzubringen, aber das wäre evtl. zuviel understatement für die politikschnösel.)
ernst beiseite: reklame bleibt reklame, und auch ein thorsten schäfer-gümbel bekommt im jahr 2009 nicht mehr plötzlich einen coolness-heiligenschein nur weil er weiß, wie man in ein twitter-formularfeld reinschreibt, daß man gerade auf einem mcdonald's-parkplatz steht (und schon dreimal nicht, wenn man anderswo in der biographie xavier naidoo, grönemeyer, anastasia und phil collins als favourite music angibt). glattgebügelte profillose pr-scheiße, die das netz verdreckt; da können noch so viele sog. premiumblogger im sog. "onlinebeirat der spd" einen auf sog. lobby machen.
ich brauch' ein neues internet, das alte hier ist mir nicht mehr subversiv genug.
musik der zeit // ("wenn ich mal groß bin, möchte ich eine plattenrezension werden")
gute menschen dieser welt, hört white lies. sehr lange zeit völlig an mir vorbeigebloggt worden, so daß ich für ein paar tage lang sogar der illusion erlegen war, ich hätte einen schwer unbekannten geheimtipp entdeckt. und auch wenn dem nicht so ist: schon sehr, sehr lang keine band mehr gehört, die so niedlich britisch und putzig düster klingt. zuletzt vielleicht die editors. also so, als würde man den jungs ernsthafte melancholie natürlich nicht abnehmen, aber zumindest die absicht, den willen, die richtung. mit den editors und den killers als vorbilder, und vocals, die jedem kind der 80er sofortige talkingheads-assoziationen in's ohr treiben. mit einer interpol-esken anmutung im band-design, mit cryptic/shallow lyrics (je nach hörstimmung), mit aalglatter produktion, aber genau der richtigen dosis von /allem/. im märz im lido.
gute menschen dieser welt, hört bitte auch glasvegas. vor wochen noch ratlos dem album gegenübergesessen und es als "müde variante einer jesus and the mary chain coverband ende der 90er" beiseite gelegt, aber vermutlich mußte es erst januar und seltsamwetter werden, vielleicht braucht auch diese platte nur das richtige setting: ja, es ist irgendwie shoegazig (- muß ich erwähnen, daß ich gerade mehrere sekunden darüber nachgedacht habe, ob zwischen i und g noch ein e hinpaßt?), es ist irgendwie auch ein insel-hype und es ist mir alles auch noch ein bißchen rätselhaft, sogar daß das konzert im magnet vor ein paar wochen ausverkauft war. gerade als shoegaze-simulation, als soundtrack für wetter zum heldenzeugen (also während jenem wetter, bei dem eh nichts anderes spaß macht), und ausdrücklich nicht-live -- da funktioniert das ding doch erstaunlich gut. sounds like matthew bellamy auf lsd; als hätte eine popband beschlossen, auch mal bei pitchfork erwähnt werden zu wollen; als wollte da irgendwer beweisen, daß es nicht nur mehr als schwarz und weiß gibt, sondern sogar ausschließlich nur grautöne dazwischen. im freien fall durch den nebel, lächelnd, of course. mir ist das unheimlich, wenn ich bei einer platte nicht genau sagen kann, warum sie mir gefällt. aber die unheimlichkeit imponiert mir schonmal sehr.
gute menschen dieser welt, hört schließlich noch mono. einfach nur so, weil bald das neue album "hymn to the immortal wind" kommt (mp3 ebendort), und die band im april auch wieder nach deutschland, und es gibt kaum beeindruckenderes live im postrock-bereich als mono.
in other news: animal collective im fritzclub gestern mit schwer überforderter anlage und leider deutlich weniger gesamtflashung als kürzlich im berghain; modeselektor am samstag live im soon-to-be-wmf mit prollektroniksound auf fantastischer anlage ("amtlich" nannte man ja sowas früher); und über die young marble giants am freitag im hau sag' ich zum wohle aller einfach mal lieber nüscht.
(aha, so fühlt sich das also an, wenn man ein belangloses möchtegern-musikblog schreibt. ich laß' das wohl besser direkt wieder sein.)
another first one ever
bemerke an mir in letzter zeit wieder eine affinität zu einweihungsritualen. kein neu gekauftes hifi-bauteil, das nicht mit einer besonderen platte initialisiert werden müßte. kein zeitabschnitt im leben, dem nicht ein song gewidmet würde. und andersrum: keine wichtige neuveröffentlichung, die nicht mit bedacht, mit aufgesetztem/erlerntem stil, mit widmung zum ersten mal angehört wird. keine neuentdeckte gegend, die nicht beim ersten mal mit einem passenden soundtrack auf den ohren entdeckt wird; und kaum eine der wichtigen platte im regal, bei der es nicht eine entsprechende initiationsgeschichte zu erzählen gäbe.
gerade so, als ob man nicht wüßte, daß "erste male" ihre bedeutung nur von außen aufgedrückt bekämen, als ob man nicht gelernt hätte, daß zweite und dritte male erfahrungsgemäß besser werden. aber wenigstens widerspricht das noch nicht dem zweck, den ich mir zurechtinterpretiert habe: sich an besondere musik auf eine besondere art erinnern zu wollen. gute musik auch noch mit guter wahrnehmung und guter erinnerung und guter szene aufladen, überladen zu wollen. guter pathos, guter sinn, gute geschichte. um nach dem zweiten oder dritten hören eines songs, wenn man eventuelle/erhoffte großartigkeit feststellt, sich /dann/ an den eigenen nlp-anker zu erinnern. (wir programmieren uns die welt, widdewiddewie sie mir gefällt.)
drittelcheck
wenn ich das richtig in erinnerung habe, sollte man als mann je mindestens einmal im leben ein baby gepflanzt, einen baum gezeugt und einen commerzbank-geldautomaten verwirrt haben.
22, bitte die 17.
wenn man mal die zeit, die für das suchen von formulierungen, das ausmalen einer reaktion, das daran-anpassen jener formulierung, das voraus- und mit-denken, das feedback, die erwartung und das bemerken dieser erwartung, das zurückpfeifen zur vernunft, das neuformulieren, die interpretation der eigenen formulierung, das ab- und zeichensetzen, den abgleich der vermuteten wirkung von all dem, die transition, die empathie und die verkopfung, die interpretation der ganzen situation und das schreiben mehrerer neufassungen eines texts, einer email, einer kurznachricht (..) -- wenn man also diese zeit mal in den volkswirtschaftlichen schaden, der so oft für dramatisch klingende vergleiche rangezogen wird, umrechnet: die welt dürfte sich eigentlich nicht mehr weiterdrehen.
(und selbst wenn ich die /einzige/ person sein sollte, die deswegen nichts hinbekommt, weil "perfektion" auch bei persönlich-privaten dingen und formulierungen (also vor allem dort, genaugenommen) eben nicht nur lächerliche "100%" bedeutet -- wenn ich den nur durch mich verursachten besagten volkswirtschaftlichen schaden mal hochrechne, der /kann/ schon gar nicht mehr durch psychotherapie, grouphugs oder putzige unicode-symbole bei twitter ausgeglichen werden.)
(romantik ist nicht das nachspielen von filmszenen.)
wenn sprache weicher wäre, vermute ich, könnte auch das denken ein angenehmeres sein. im sinne von: würden wir mehr gleiten, ein kleines bißchen sanfter formulieren, analoger (un-digitaler) vielleicht, den dialog mit der inneren stimme behutsamer führen, ach was, besser: respektvoller -- dann würde das, gewissermaßen, rückwärts abfärben. sich auf zweck und eventuell auch auf den grund des denkens auswirken, auf auswahl, und wahrscheinlich sogar auf die absicht.
(ichmeinjabloß.)
macht doch eure eigenen kleingartenanlagen auf, ey!
(..) pop-musik im emphatischen sinne: sie besteht aus unwahrscheinlichen verbindungen, verknüpfungen und ist daher voller nähte, risse und anderen unterbrechungen der kontinuität.
diedrich diederichsen in der sz über formatradio, nischen und pop. (via)
wobei das natürlich alles richtig und edel ist, ich mir aber eine gewisse abgeklärtheit und resignation ("meinten sie enttäuschung?") bei diesem thema nicht ganz aus dem kopf wackeln kann. vielleicht wurde ich zu liberal erzogen, aber ich kann trotz grundversorgung und öffentlich-rechtlichem auftrag und idealisierter weltverbesserungsabsicht noch nicht mal dem hessischen rundfunk einen strick aus einer solchen (meinetwegen wirtschaftlich gemeinten, aber eben doch politischen) entscheidung drehen, wie ich es eigentlich auch mtv damals nie konnte. natürlich ist es zum kotzen, daß so viele menschen verlernen (verlernt haben), was musik bedeutet, was pop "ist", was für eine menge an begeisterung und aufgabe dort hintersteckt. natürlich ist es zum kotzen, daß casting-produkte mit musik verwechselt werden. und natürlich ist es zum kotzen, daß ein (achtung, heute tag der pathetischen formulierung!) juwel abhängig ist von schlipsträgern, die halb so alt sind wie klaus walter und die ihr musikwissen aus "bild.de präsentiert" beziehen.
aber ganz tief drinnen finde ich die sache mit der selbstverantwortung dann wohl doch wichtiger. wir haben 2009, fast jeder -- böse pauschal gesprochen -- hat die möglichkeit, selbst musik zu entdecken, links zu bilden, diskurse zu führen. blogs zu schreiben, meinetwegen, musik zu "tauschen", sich zu informieren, mit anderen musik zu entdecken. wenn sich der hessische rundfunk da (auch noch) ausklinkt, ist das schade und tragisch für viele junge menschen. journalismus als ansatz und startpunkt für diesen diskurs will ich ja gar nicht unterbewerten. aber ich hab' trotzdem das gefühl, daß neue strukturen entstehen werden, andere medien, neue möglichkeiten. und klinge dabei schon wie eine aktiendepot-fernsehwerbung, ich weiß.
ernst beiseite: ich vermisse bei all dem einfach ein bißchen punk, glaube ich.
[update: siehe auch dort drüben.]
zu meinen wahrscheinlich beklopptesten vorsätzen für 2009 -- aber gleichzeitig auch zu den kindischsten und tollsten, was sich ganz wunderbar ergänzt -- gehört übrigens, irgendwann mal die "instant street"-choreographie drauf zu haben und auf einem frühsommermorgendlichen heimweg spontan aufzuführen. 'ne gelbe hose hab' ich schon.
liebes tagebuch.
als ich heute früh nach hause kam, war der fernsehturm verschwunden. der fernsehturm ist sonst immer das letzte, was ich sehe, bevor ich die haustür aufschließe, der anblick des fernsehturms gibt mir eine sonderbare ruhe und zufriedenheit auch nach verkackten abenden und dazu noch ein noch viel sonderbarereres gefühl von zuhausigkeit. heute war der fernsehturm verschwunden, im nebel, den all die vollidioten zwischen ungefähr 20 und 3 uhr in der eigenartigsten nacht des jahres so verfeuert haben.
dabei bin ich gar kein klassischer silvesterhasser. der jährliche vorsatz, um 22 uhr mit schlaftabletten und ohrenstöpseln schlafen zu gehen, ist kindisches kokettieren, und genaugenommen mag ich ja diese energie, die überall in der luft liegt. das wache, das exzessive. das sich dann in überall hinkotzenden deppen, brüllenden prolls und noch viel eigenartigeren sozialritualen äußert, meinetwegen, aber dem kann man einigermaßen aus dem weg gehen. allem. und an der energie, am /potential/ dieser nacht, an der ladung und spannung ändert das nichts. meine silvesternacht dieses jahr war auch überhaupt nicht schlimm: in kreuzberg auf einem dach im ca. sechsten stock gestanden; arcade fire gehört; knallerbsen geworfen; noch quer im raum stehende bzw im magen liegende dinge von august/september endlich mal -mittels angeschickerten aber ehrlichgemeinten geständnissen (live, nicht per mail!)- aufgeräumt; wunderkerzen angezündet; eineinhalb mal frisch verknallt; mich nur minimalst per sms/telefon kurz nach mitternacht zum affen gemacht; auf den zu-fuß-heimwegen mehr arcade fire und springsteen und gisbert zu knyphausen gehört; .. -- ich hatte schon schlimmere jahre, und genaugenommen war's dann doch ein sehr inneres und ruhiges silvester.
aber das mit dem fernsehturm geht so einfach nicht. das muß sich ändern bis ende 2009, ja? der hat gefälligst sichtbar zu sein, wenn ich heimkomme! fuck, ey.
woran man einen guten song erkennt, übrigens:
am lächeln, auf der tanzfläche.
erinnerungsmaschine
wir basteln uns einen konstruktivismus. erfinden phänomene und resultate, verketten geschichten und personen miteinander. knüpfen und weben. wir bieten schließlich nicht mehr, sondern wir steigern. die arroganz ausleben und sie dekadenz nennen, und manchmal auch andersrum, wer weiß das schon, und zu jeder äußerung und zu jeder konstellation gibt es dann irgendeine theoretischen unterbau, der paßt.
der zufall wird aus-geblendet, indem wir die leistung der halogenstrahler so hoch drehen, daß wir dabei lachen müssen. alles nur für's jahrbuch. damit wir uns eine drittel generation später einreden können, wir hätten das erlebt. wir hätten das gespürt. dem fortschritt die leugnung: progressing the inner self, gerade so als wäre es ein schlechter mathematikerwitz. besteficken nach der party. dem sonnenaufgang eine verklärung: suggestion auf eine art, die wir positiv belegen, schließlich kann das "selbst-" am anfang auch gut weggelassen werden. umdribbelung der hürden, kein darüberspringen. der hürde kann's ja egal sein.
keine statik mehr, nur noch kräfte und diagramme und beschreibungen. wirrniss mit komplexität verwechseln, anstrengung mit coolness. tagsüber ist uns das peinlich, oder wir ignorieren es gekonnt, dank ablenkung vom wesen, vom eigenen, von dem der dinge, von dem der welt um uns herum. und nachts haben wir dafür diese kurzen momente, glimpses, in all die spuren, die wir selbst getreten haben, in die furchen, die wir anderso hinterlassen haben, in die semantik der fremden blicke. dann erschrecken wir. aber kleben diesen schreck zu all dem anderen mist ins diary egal welchen mediums.
ich habe so viel verlernt.