der inszenierung eine routine: wenn du nicht aufpaßt, näherst du dich nämlich wieder dir an -- je länger man eine sache betreibt, desto ähnlicher wird man sich schließlich. ausnahmesituationen ebben eher langsam ab, aber die persönlichkeit (per sonare!) bleibt als grundton, und kommt irgendwann doch wieder durch. dann ist deine manie keine mehr, auch wenn du es gern so hättest, an ihre stelle sind dann kalkül und pragmatismus getreten. nicht unbedingt die schlechtesten eigenschaften um zu überleben, nicht unbedingt die besten aber, um etwas zu spüren. du willst nicht zu dir finden, aber du weißt nicht, was du sonst suchen solltest. reaktion gibt es eigentlich nicht, nur muster. und wenn all die symptome im detail erst einmal unerträglich geworden sind, ist es sowieso zu spät, dann ist der anlaß zum affekt verschwunden. (2006)

dem moment einen namen: und man möchte ja doch über jedes foto mit sich, über jede erinnerung an sich, über jeden text von sich aus der zeit von ganz zurück zum anfang bis heute minus ungefähr 12 monate "das war nicht ich!" drüberschreiben. das war ein anderer, der das verfaßte, damals, ich jedenfalls nicht, ganz sicher nicht. man hat sich doch verändert. und das ideal wäre, man sollte sich remixen können, andauernd, seine alten ichs, und je nach situation den passenden mix präsentieren, die perfekte komposition, die zum moment paßt und zur zielgruppe und zum zustand und zum abstand. die damaligen ausdrucksformen nicht verleugnen, aber ins richtige licht stellen. sich eine bildunterschrift geben können.

dem inne ein halten: diese substanz, die in asiatischen tütennudelsuppennudeln enthalten ist, die dafür sorgt, daß die nudeln unter energiezufuhr ziemlich schnell ein bißchen weich werden, aber dann ab einem bestimmten punkt nicht mehr weicher, also diese substanz, die den aldentegrad definiert und dafür sorgt, daß trotz zulangkochen innerhalb eines gewissen rahmens die nüdelchen nicht unnötig dollschlabbrig werden, diese substanz, die also dafür sorgt, daß die dinger weichabernichtzuweich werden (ungefähr so wie die friseurfloskel kurzabernichtzukurz) -- ob ich davon wohl bitte ein klein wenig für meinen momentanen herzkasper haben könnte? biete geschmacksverstärker im tausch.

ob das ein fußbad wäre, fragt sie mich.

nein, nur ein luftbefeuchter, antworte ich, aber stelle mir vor, was wäre, wenn ich doch eine fußbadmaschine besäße. wenn ich jemand wäre, der seine füße badet, baden müßte, baden wollte. ob ich vielleicht so ein wellness-fuzzi wäre, der sich freitagabends zur bestellten pizza mal etwas gutes tun will und das fußbad anwirft, und die kleinen perlen vibrieren niedlich in dem lauwarm-bis-warmem wasser, in das ich vorher noch wucherteures salz reinkippen mußte, das es nur in einem bestimmten sanitätsfachgeschäft am kudamm auf bestellung gibt, aber man gönnt sich ja schließlich so selten was, außer bei starbucks vielleicht. und die kleinen perlen vibrieren also in dem gerät, das so beruhigend knattert auf dem boden und dabei ein paar hundert watt verbraucht, aber schließlich läuft das ding ja nur eine halbe stunde lang, und die sache mit dem gönnen, und überhaupt. an den sohlen kitzelt es, ungefähr so, als würde einen da jemand kitzeln, und ich bekomme langsam dieses dämlich-sabbernde lächeln im gesicht, das die leute aus der fußbad-werbung auch immer drauf haben, und ich denke an die ostsee, letztes jahr, abends kurz vor der dämmerung, das rumlaufen am strand, das die füße mindestens genausogut massiert hat, aber wo soll man hier in mitte schon die ostsee herbekommen an so einem freitagabend mit pizza und günther jauch. und dann lächle ich latent debil noch ein bißchen weiter, nehme die füße später wieder aus dem plastikeimer heraus und tropfe mir ein bißchen salzwasser auf den teppichboden beim abtrocknen der schrumpligen haut, weil das telefon klingelt und ich schnell ins nebenzimmer muß. denn als jemand, der fußbäder nimmt, rechnet man nicht mit anrufen an freitagabenden.

war dann aber nur verwählt.

teil 2: die tragik der geste

und draußen, die welt. man sieht menschen, die sich nicht mehr freuen, sondern in dem einen moment, in dem sie analytisch zu dem schluß kommen, freude wäre angebracht, eine reaktion nachspielen. man sieht menschen, die gelernte gesten abspulen. man sieht menschen, die körperhaltung, artikulation und zerebralrhythmus kopieren von dem, was sie im fernsehen sehen, bei anderen menschen, die körperhaltung, artikulation und zerebralrhythmus auch nur kopiert haben. man sieht menschen, deren verhalten seicht wirkt, ungefähr so, als wüßten sie, was von ihnen erwartet wird, und würden sich bemühen, diese erwartung zu erfüllen, und gleichzeitig noch darauf hinzuweisen, daß sie erwartungen erfüllen können, aber nicht subtil genug, um wirklich sophisticated zu sein. menschen in steten bewerbungssituationen. man sieht menschen, die nicht nur auf ihr äußeres achten, sondern auf ihre rolle, in einzelnen fetzen zusammengeklaut aus dem, was sie für weiterentwicklung halten, was aber doch nur tragik ist, die differenz zwischen der eigentlich guten absicht und dem erbärmlichen ergebnis nämlich.

und drinnen, der kopf. der szenisch denkt, und reflektiert und wahrnimmt und verarbeitet und konstruktiv tickt. der situationen von außen betrachtet, sich über sich selbst gedanken macht. dem zitate einfallen, der gefühle in kamerafahrten und musik ausdrückt und eingedrückt bekommt. der kopf, der szenen vergleicht und auf mehreren ebenen gleichzeitig dinge versteht. überhaupt: der kopf, der versteht. der wie ein motor funktioniert, zwar manchmal stottert, aber eben doch immer läuft, vor allem im schlaf, besonders im schlaf, denn da passiert die kreativität, die dann bei nacht ausgelebt wird. da fühlt man sich echt, oder doch jedenfalls nicht fake, mit diesem kopf, denn es ist der eigene. und der kopf empfindet und spürt und leidet und atmet und spricht in direkter verbindung mit dem herzen, und daher kommt dieses gefühl des ideals. ungefähr so, als hörte man musik auf dieser persönlichen ebene, wie sie einen begeistert und man merkt, daß sie schalter umlegt und synapsen verbindet. die vollkommene und reine unmittelbarkeit.

und dazwischen, was? die grummelnde frage, wie sehr sich diese beiden dinge unterscheiden, ob sie das überhaupt können, ob sie das denn sollten, oder ob es eben doch nur zwei facetten der prinzipiell gleichen sache sind.

(tbc)

first and last and always

sei mein sinnbild, sei mein vorwand. sei interessant und sei vulgär, sei inspirierend und sei signifikant. sei gut und böse zugleich, sei meine relevanz. sei hysterisch und sei zynisch, sei lustig und sei verschwörerisch, sei zurückhaltend und bodenhaftend und begeistert. sei eine von den guten. sei provokant, sei tanzend. sei durchseelt und sei dir sicher. sei notwendig, sei teil meiner bande. sei tolpatschig und super. sei stilsicher und kaputt, sei unberechenbar und sei mädchen und sei frau. sei kokett, sei wesentlich, sei mein ideal und mein alibi. sei launisch und theatralisch. sei neugierig, sei drastisch und sei vollkommen. sei potential und spannung. sei zugleich wunde und klinge, zugleich stolz und zart, leise und laut, stark und schwach. sei verwirrend und toll, sei musik, sei nicht allein. bleib', wer du bist.

(laß mich die stimme in deinem bauch sein.)

teil 1: im höllenkreis von aufgabe & hingabe

die ersten augenblicke, wenn du den club betrittst. ein bißchen so, als hättest du aus versehen einen dieser warensicherungsknubbel an der jacke gehabt und alle sehen dich an mit diesem milden interesse, weil man sich ja längst daran gewöhnt hat, daß die alarmanlage nur auf ein kassiererinnenversehen hinweist und eben nicht auf einen diebstahl, aber man kann ja mal gucken, wie derjenige reagiert, und wenn's nur zur eigenen inspiration ist für den fall, daß einem selbst mal das gleiche passiert.

ungefähr so ist das nämlich, wenn du in einen club gehst, aber noch nicht richtig dort angekommen bist, also in den ersten sekunden oder sogar minuten, wenn die dicke winterjacke und die beiden halstücher alleinstellungsmerkmal sind, das dich als "der auf dem weg zur garderobe" markiert, während neben dir geschwitzt und gehüpft wird, manchmal auch beides oder nichts, aber immer ohne winterjacke und schals. und du hast noch diesen tunnelblick, den du gern mit so einem metalligquietschenden soundeffekt erweitern würdest, also aus dem tunnel einen blick machen. damit du dich mit all jenen, die schon den blick auf rundum zu stellen in der lage waren, verbrüdern kannst, wenn auch noch nicht klar artikuliert, aber doch wenigstens auf dieser geistigen verbundenheitsebene.

ungefähr so ist das nämlich, wenn du in einen club gehst, du bist noch in dir, aber das ziel ist der taumel. jeder anrempler, jedes geräusch und jedes wahrgenommene verhalten von außerhalb deines kopfes zieht dich, schiebt dich, formt dich und paßt dich an. ein wenig vielleicht, als würdest du auf den wirkungseinsatz eines medikaments warten, wie valium oder irgendeines dieser auf -zepam endenden mittel, nur eben in umgekehrter richtung, wo du dich selbst bei der veränderung beobachten kannst und dir das gleichzeitig unheimlich und faszinierend vorkommt, du also staunst und angst hast.

ungefähr so ist das nämlich, wenn du in einen club gehst, und dann irgendwann locker wirst, egal mit welcher stimmung (langfristig) und laune (kurzfristig), egal mit welchen leuten du dich umgibst und egal ob du ein ziel hast oder nur taumeln möchtest. dann stehst du in der kulisse, und die statisten mutieren langsam und endlich zu darstellern, und die musik klingt irgendwann nach underworld, denn jede musik klingt irgendwann nach underworld, wenn man sie laut genug anlächelt und ziellos genug aufsaugt. jedes deiner ideale, jede deiner vorgaben verschwindet in der kühlen luftschnappluft draußen oder in die salzstangenbecher der bar hinein, wie heruntergefallene kontaktlinsen, nach deren verlust du plötzlich feststellst, daß du ohne sie besser sehen kannst.

ungefähr so ist das nämlich, mußt du wissen, am anfang von allem, dem angeblich ja ein zauber innewohnt.

(tbc)

wir sind alle terroristen. wir sind reich, wir sind helden, wir sind jung und matt, und wir sind natürlich wer. wir sind auch zu früh, wir sind wißbegierig, wir sind frei und dabei. aber keine engel. wir verbrennen finger und halten hände. wir sind eine szene, und wir sind nur zu gast. aber wir sind auch: ein feuerwerk, wir sind euphorie, wir sind stolz und wir sind wach. wir sind sand in unseren händen und wir sind toll, wir sind nur in einer phase. aber immer und in sicherheit spüren wir uns.

sie sagen, gleich und gleich verstünde sich prima. sie sagen auch, daß gegensätze sich anzögen, und wahrscheinlich ist beides davon auch irgendwie richtig, nur sind wir allen deutungen immer gekonnt aus dem weg gegangen, als wäre die zeit ein hindernisparcours gewesen und keine gemeinsame.
sie sagen, es sei schade drum. sie sagen auch, es sei besser so, und wahrscheinlich ist beides davon auch irgendwie richtig, nur kann sich unsere herzfrequenz noch immer nicht entscheiden zwischen tief- und hochpaß, und an stelle der ambivalenz zwischen haß und trauer ist jene zwischen verbitterung und gleichgültigkeit getreten.
sie sagen, sie hätten es geahnt gehabt. sie sagen auch, sie hätten sich das nie träumen lassen, und wahrscheinlich ist beides davon auch irgendwie richtig, nur wußte man das damals natürlich nicht. und hätte man es gewußt, wäre es vielleicht auch nicht anders abgelaufen, nur anders wahrgenommen worden.
sie sagen, wir hätten uns gut getan. sie sagen auch, wir hätten aneinander gelitten, und wahrscheinlich ist beides davon auch irgendwie richtig, nur war die zeit ja nicht trotzdem eine gemeinsame, sondern genau deswegen. du warst mein gegen-teil.

(putting the weights in my heart)

in der toleranzhölle angekommen:
wenn man sich über rollstuhlfahrer aufregt, die einem nicht die tür offen halten.

(der unvermeidbare)

wir hätten sein können, und wir hätten wollen müssen, nicht zwangsläufig in kausalem zusammenhang. all die could-haves und should-haves, die an so einem jahresende wieder übelkeit verursachen oder im ideallfall auch rausgekotzt werden, all die selbst- und überhaupt-zweifel, all die furchtbarkeiten und all das potential im vergangenen jahr: zählt nicht mehr. denn wir hätten sein können, und wir hätten wollen müssen, um 2007 -und eigentlich ja auch schon 2006- nicht von den verstimmungen, von den verdachtsresultaten, von den /geheimnissen/ überdecken zu lassen. (kognitiver tinnitus: das gefühl, eine pfeife zu sein.)
hilft nichts. jedes jahr wird verkorkster als das vorhergehende, und wenn man sich damit erstmal arrangiert hat, ist man nicht immer so verwundert oder geschockt an silvester. aber wir haben uns damit nicht arrangiert, wir können uns damit nicht arrangieren, denn dieses gefühl des hätten-sein-könnens und hätten-wollen-müssens scheint angeboren in der magengegend, denn die muß ja bekanntlich immer für undefinierbares herhalten. wir weigern uns zu resignieren, und für kapitulation -auch wenn jene wohl lösender wäre- sind wir noch nicht erwachsen genug, denn erwachsenwerden können wir nicht, niemals, denn wir tun so, als wären wir punkrock, so lange, bis wir es selbst glauben. wir hätten sein können, und wir hätten wollen müssen.
und im wohnzimmer nebenan blüht eine der letzten erinnerungen an uns, gerade als würde sie dabei lachen: uns aus-, in schlechten zeiten. und mich aus-, in ganz schlechten. tragik ist schließlich auch nur eine andere bezeichnung für konjunktiv.

2008, doppelpunkt.

lights out for darker skies

das haptisch beeindruckende einer neuen rasierklinge erschließt sich ja übrigens auch weniger auf der rasierten, sondern vielmehr an der rasierenden stelle.

(ironisch gebrochene kryptik für dummies: nur so tun, als wüßte man selbst schon nicht mehr, wofür die metapher steht.)