das spunkkrachlexikon

das spunkkrachlexikon - vom, zum und über das hören, von frieder butzmann, ..

.. ist wie der name sagt, ein lexikon. es will das phänomen "hören" als, physiologisches, psychologisches, musikalisches, akustisches, soziales und philosophisches ereignis und im sinne der hörökologie beschreiben und zu gehör bringen.

-- die web- bzw. (kind-of-)wiki-version des gleichnamigen hörspiels.

(und erwähnte ich hier schon mal, daß auftritte jenes herrn ein ganz wunderbares und inspirierendes und amüsantes und interessantes erlebnis sind? nein? dann jetzt. auftritte jenes herrn sind ein ganz wunderbares und inspirierendes und amüsantes und interessantes erlebnis.)

(möglichkeiten)

das gefühl, durch -bspw.- eine e-mail das leben eines anderen menschen zumindest minimal beeinflußt zu haben -- die vorstellung, daß und wie jener mensch diese mail liest (file under "verlaufsform"), sie empfindet, damit umgeht, darauf reagiert, .. -- das macht diesen ganzen modernen kram ja manchmal fast wärmer und angenehmer, weil insgesamt unberechenbarer und weit-räumiger. dem leben /potential/ hinzufügen (aka "aufladen").

gegen halb drei heute nacht dann den entschluß gefaßt, demnächst (also in einem der zahlreichen bisher noch nicht inhaltlich verplanten nächsten leben) dringend mal eine latent kulturwissenschaftliche untersuchung mit dem titel "ironie und retro-phänomene in zeitgenössischer pop- und clubkultur" anfertigen zu müssen: mit bezugnahme auf dj-sets (coverversionen, remixe, übergänge, software, coolness/gesichtsausdruck beim auflegen, ..), club-einrichtungen (livevisuals, bar- und sitzmöbel-anmutung, optik der türsteher/bouncer, ..), nachtleben-kleidung (berlin-mitte, taxifahrerjacken und brillendesigns) sowie meme und "meta-optik" (wasted german youth, promiskuitätsversprechen und dönerbudenschilder).
noch vor der niederschrift erster erkenntnisse dann aber auf der tanzfläche angerempelt worden, daraufhin schlüssige gedanken und argumentationsketten vergessen und den rest des abends lieber wieder darüber aufgeregt, daß es auch 2007 immer noch menschen gibt, die zigaretten rauchen.

love & death -- und das, was weiterhin verlorengeht in dieser technifixierten welt, ist das intuitive, spontane und affektive der kommunikation: das hörer-auf-die-gabel-knallen, das sich-anbrüllen, das sachen-sagen die einem später leid tun.
statt dessen nur noch leise tastendrücke auf rotgefärbte hörersymbole und wohlformulierte emails und kurznachrichten, teilweise mit business-disclaimer als signatur. durch den kompressor gejagte empfindungen, abgeschwächt und angegleicht, gefühlsregungen nur noch in nuancen wahrnehmbar. wimmern statt flennen, lächeln statt freuen.
(türen-zuknallen hat so eine ganz eigene art von /effizienz/, die man 2007 fast nicht mehr hinbekommt. außer mit türen-zuknallen, klar. aber wer macht sowas heute schon noch?)

das in magazinform gegossene pendant zu dem gefühl, das sich beim hören von formatradio einstellt, heißt übrigens "neon".

und so choreographieren wir uns munter durch den tag.

"ich köchte mir einen kaffee, falls ich aufwuch."

(darf ich vorstellen? der plusquamjunktiv. zu betonen auf dem a, übrigens.)

(sprache in erregung.)

and if we go someplace to dance, ..

den kontakt zur welt (an der du krankst) erhältst du dir, indem du beginnst, außenwirkung (also selbstzweifel) und stil (also understatement) auseinanderzuhalten, und für beides nicht mehr den begriff "coolness" zu verwenden, was ja nur im - auf allen ebenen - /nüchternen/ zustand funktioniert, paradoxerweis'.
mit steigendem iq (also sinkender besoffenheit; und ich ahne, daß ein weiteres von mir noch nicht genauer benennbares attribut großen bock auf einen intellektuellen dreier mit diesen beiden hätte) nennt man "unzufriedenheit" ja irgendwann schließlich auch "traurigkeit", und noch später weiter dann "schwermut".

.. i know that there's a chance you won't be leaving with me.

(file under "die 120 minuten von nachtleben: höllenkreis der melancholie".)

diese geradezu nett-harmlose art von /macht/, die kleine kinder beim warten an einer roten ampel haben: zig erwachsene drumherum, die es eigentlich aus fadenscheinigen gründen eilig hätten, aber diesen gerade für einen der letzten momente (für eine der letzten möglichkeiten) in ihrem leben halten, wo sie ihre gute erziehung zeigen (können, dürfen) und dann eben doch brav auf grün warten, obwohl bei klarster sicht bis zum horizont nicht einmal die illusion eines autos naht.
(leichte eingebildete gänsehaut dann spätestens, wenn man vom gegenüberliegenden bürgersteig -den text über all jenes schonmal im kopf vorformulierend- im gesicht, im blick, im lächeln des wartenden kindes genau dieses /wissen/ über die gesamte situation ablesen kann und sich für dreieinhalb millisekunden wie der verbündete große bruder fühlt.)

traumberufe ("was mit medien")

alexander neumayer - obstschnitzer

das oberflächlich tolle hingegen am fernsehen ist dann ja wieder, daß man nur zur richtigen uhrzeit blind auf einen der deppensender schalten und ein paar minuten abwarten muß, bis sich die möglichkeit für einen screenshot bietet, den man nicht einmal mehr kommentieren muß.
[aber könnte, natürlich, mit "dekadenter scheißdreck für gelangweilte gala-leserinnen" vielleicht, ein bißchen weniger harsch sondern mehr niedlich formuliert eventuell, und mit einer angezynischten schlußpointe versehen. aber aus dem alter ist man dann ja auch irgendwie raus, so im weblog.]

du verliebst dich immer nur in dinge, die in bewegung sind, nie in statische (personen werden interessant, geräusche werden zu musik, orte beginnen zu leben). den zauber siehst du im moment, also einem -wenn auch kurzen- zeitraum, einer zeitspanne, in der du das objekt ent-deckst. /wenn/ du dich verliebst, dann in einen ablauf, ein intervall, eine energie, einen strom (stream). und deswegen stößt dich stille auch so sehr ab: sie macht dir angst, denn sie ist das gegenteil von verliebtsein (-- also gleichgültigkeit). begierde ist potential, und zeit heilt.