tagträumen

"es ist so schade, daß man nur noch nachts träumt."

muß man ja nicht. tagsüber träumen, die sinne offen halten, ist nicht so schwierig. höchstens ungewohnt. die welt sehen, als wäre man gerade erst geboren, wie ich hier unlängst einmal schrieb, funktioniert bei mir ganz gut. den sonnenuntergang nicht nur als hellen fleck irgendwo am horizont betrachten, einen sturm nicht nur als lästiges regenwetter, medieninhalte nicht mit nachrichten verwechseln, essen und trinken nicht nur als nahrungsaufnahme sehen. genießen. ausschweifen. dekadent sein, fühlen, dinge aufnehmen. sich seine eigenen realitäten schaffen, sich zum bekifft sein ohne gras zwingen. "musik hören" anstatt "eine cd einlegen". träumen trainieren. und damit meine ich nicht "entrückt durch die welt gehen". aber vielleicht "die möglichkeit haben, entrückt durch die welt gehen zu können".

hilft vielleicht nicht ausschließlich, ist aber ein anfang.

the problem with music

i imagine a trench, about four feet wide and five feet deep, maybe sixty yards long, filled with runny, decaying shit. i imagine these people, some of them good friends, some of them barely acquaintances, at one end of this trench. i also imagine a faceless industry lackey at the other end holding a fountain pen and a contract waiting to be signed. nobody can see what's printed on the contract. it's too far away, and besides, the shit stench is making everybody's eyes water. the lackey shouts to everybody that the first one to swim the trench gets to sign the contract. everybody dives in the trench and they struggle furiously to get to the other end. two people arrive simultaneously and begin wrestling furiously, clawing each other and dunking each other under the shit. eventually, one of them capitulates, and there's only one contestant left. he reaches for the pen, but the lackey says "actually, i think you need a little more development. swim again, please. backstroke". and he does of course. (…)

[ steve albini, the problem with music ]

"suddenly, bob felt very alone in the world"

während herr p so im wartezimmer des arztes saß, bei dem er seine untersuchungsergebnisse abholen sollte, dachte er über sich nach. nichts besonderes, nur die art von nachdenken, die man halt so praktiziert, wenn sich die zeitschriftenauswahl im wartezimmer auf "praline", "ärzte aktuell" und den acht wochen alten "focus" beschränkt. er dachte über alles mögliche nach, außer über die ergebnisse seiner herzuntersuchung von letzter woche.

er sah aus dem fenster des wartezimmers, vom vierten stock hinunter auf die straße, und dachte nach, wie es sich anfühlen würde, wenn er einfach aus einer solche höhe springen würde. nicht der aufprall, sondern der flug. das gefühl während all dieser sekunden. er mußte grinsen bei dem gedanken, daß er sich es auf halbem weg anders überlegen könnte und dann wieder umdrehen wollen würde. er mußte an den witz über den fallschirmspringer, dessen schirm sich nicht öffnet, denken ("na, die letzten 2 meter schaff' ich jetzt auch noch ohne"). er überlegte, wie es sich anfühlen würde, eventuell innerhalb von sekunden seine meinung zu ändern, aus reinem selbstschutz. dann wurde er ins sprechzimmer gerufen.

später, auf dem heimweg, fuhr herr p unangeschnallt, mit dreifacher geschwindigkeit als es erlaubt gewesen wäre und vor allem lächelnd gegen einen brückenpfeiler.

hagakure

"meditation on inevitable death should be performed daily. every day when one's body and mind are at peace, one should meditate upon being ripped apart by arrows, rifles, spears and swords, being carried away by surging waves, being thrown into the midst of a great fire, being struck by lightning, being shaken to death by a great earthquake, falling from thousand-foot cliffs, dying of disease or committing seppuku at the death of one's master. and every day without fail one should consider himself as dead."

herr f

herr f sah hinab auf seine tasse, die bis oben mit feinstem und heißem latte macchiato gefüllt war, schlug sich den gedanken daran, daß man latte macchiato eigentlich aus einem glas trinkt, aus dem kopf, und versuchte, sich nicht vom eigentlich nachdenken ablenken zu lassen. allerdings hatte er vergessen, worüber er sich ursprünglich vorgenommen hatte nachzudenken, und so sprangen seine gedanken zu einer art meta-ebene. herr f kannte diesen begriff nicht, aber während sein latte macchiato, in der tasse statt im glas, langsam lauwarm wurde, überlegte er krampfhaft weiter, warum er eigentlich hier saß und nachdenken wollte.

als er nach ein paar minuten immer noch nicht darauf kam und an seinem latte macchiato, in der tasse statt im glas, nippte, bemerkte er, daß dieser mittlerweile kalt geworden war, und so begnügte sich herr f mit dem entschluß, daß er wahrscheinlich über kalten kaffee hatte nachdenken wollen, grübelte noch ein wenig über die bezeichnung "entschluß" für diesen kompromiß, trank die tasse, nicht das glas, fast ganz aus, und bildete sich auf dem nachhauseweg ein, zufrieden zu sein.

trotzdem:

schlag' mich bitte jemand, wenn ich nochmal öffentlich einen satz mit "wenn ich noch einmal … höre, dann …" konstruieren sollte, der so unoriginell ist wie der untige.

one more word to all the brainwashed readers of the "bild-zeitung" out there:

nein, "kunst" kommt verdammt nochmal nicht von "können", auch wenn mittlerweile jeder gottverdammte möchtegernpromi bei "brisant" sowas behauptet (womöglich noch mit dem ach so lustigen "wenn's von 'wollen' käme, hieße es ja 'wunst'" hinterher, und da rettet der zugegebenermaßen ziemlich elegant klingende konjunktiv dann auch nichts mehr). kunst kommt von der idee. von nichts anderem.

und wenn ich jetzt noch ein einziges mal "na, das hätt' ich auch gekonnt" höre, wenn jemand ein kunstwerk egal welcher art rezipiert, dann raste ich hoffentlich aus.

aktives rumjammern, teil 39

halb ein uhr nachts, ich sitze rum, sehe fern, piekse pinguine, chatte ein wenig und mache mir wie üblich vorwürfe und wälze mich im mentalen selbstmitleid. was ja an sich nicht so schlimm wäre, würde ich nicht andauernd auch noch darüber reden. die einzigen ernsthaften gedanken, die ich überhaupt mal halbwegs zu ende denke, sind, wie ich der verblödung der menschheit entgegenwirken kann (noch zu keinem durchführbaren ergebnis gekommen), und wie ich den endgegner in area 4 bei "rez" besiegen kann. the key to joy is disobedience. na klar. ich komme mir so vor, als hätte ich den schlüssel zwar, aber als wäre ich zu doof, ihn ins schloß zu stecken. oder zu lahmarschig.