musik 2010 // (3×10)

(nach ungefährer tollheit absteigend sortiert, jeweils.)

~ live

arcade fire, tempodrom (31.08.)
the national, astra (09.05.)
mono, hebbel am ufer (03.04.)
hundreds, michelberger hotel (26.06.)
strange forces, café hagestolz (25.09.)
reliq, raum20 (27.11.)
white hills, white trash (17.03.)
agent side grinder, lovelite (04.05.)
anbb, berghain (17.09.)
my heart belongs to cecilia winter, schwuz (08.09.)

(knapp nicht mehr, aber auch super: these new puritans (06.12., hebbel am ufer), swans (13.12., volksbühne), sixth june (13.08., luzia).)

~ alben

haus arafna - you
thee silver mt. zion memorial orchestra - kollaps tradixionales
arcade fire - the suburbs
fotos - porzellan
hundreds - hundreds
codes in the clouds - paper canyon
the national - high violet
mike patton - mondo cane
mgmt - congratulations
my heart belongs to cecilia winter - our love will cut through everything 

(knapp nicht mehr, aber auch super: ceremony - rocket fire, the walkmen - lisbon, whirl - distressor, future islands - in evening air, salem - king night, nosaj thing - drift, sven weisemann - xine, autechre - oversteps.)

~ songs

ceremony - regret
small black - kings of animals
ulterior - sex war sex cars sex
haus arafna - judas kiss
king dude - my beloved ghost
death in june - peaceful snow
glasser - apply
gemeine gesteine - war party
matthew dear - slowdance
fleischdolls - grenze

(knapp nicht mehr, aber auch super: élite gymnastics - we fly high, the national - conversation 16, martin vogel - tough, turbostaat - fünfwürstchengriff, the whigs - kill me carolyne.)

~ nachtrag

in der anderen großen stadt nach dem konzert im mai durchgemacht habend und frühmorgens in die eigene zurückfliegend also, dieser zustand, wenn man sich glücklich einerseits und erschöpft andererseits und kitschig dritterseits vorkommt, letzteres weil man /natürlich/ weiß, daß man hier gerade eine szene nachspielt, daß man einen auf easyjetset in der umgekehrten und indie-variante nachspielt, daß man sich gewissermaßen /einer geste bemächtigt/. ist das jetzt gut?, ist das jetzt schlecht?, kann man ja mal drüber nachdenken an so einem sonntagvormittag, wenn man im airport-expreß genannten bummelzug hockt. überhaupt darf man ja durchaus oft mal über das gefüge nachdenken und über konstellationen, wenn man dauernd davon im blog erzählt.

alexanderplatz plötzlich dann, restheimweg zu fuß, noch schnell ein bißchen obst mitnehmen, smalltalk mit dem obstverkäufer, ob ich auf dem weg nach weg oder her wäre, aha, also her, und wo ich denn war, im urlaub etwa, ja, so ähnlich, in london, sagt man dann, und der obstverkäufer bekommt leuchtende augen und hält ganz kurz inne und sagt "wow!". das ist dann nämlich der zustand, wenn man sich glücklich einerseits und erschöpft andererseits und ertappt dritterseits fühlt, weil einem noch vor einer sekunde ja gar nicht bewußt war, wie scheißegut man es hat und wie ehrlich dieser kerl da gerade mit einem umgeht und wie geil das wäre, wenn alle menschen einfach cool zueinander wären, nicht hippiecool sondern entspannt und mit diesem lässigen respekt im umgang miteinander, wie es der obstverkäufer da gerade mit mir gezeigt hat, bevor er mir sagte, daß er das irgendwann auch gern mal können wolle, eben so nach london fliegen, und er wünscht mir jetzt alles gute und vor allem auch eine gute nacht.

und wie dieses gefühl auf den letzten paar metern von dort nach hause: ungefähr so war dieses 2010 dann ja auch insgesamt. scheißegut und unterschätzt.

meiner spielt gameboy

nach der ersten stunde beginnen einzelne eltern, die augen zu verdrehen. meist sind es die, mit denen man schon bei der einschulung instinktiv zusammen gestanden hat, und - wie sich später herausstellte - mit deren kindern die eigenen instinktiv befreundet sind. es ist ein rätselhaftes phänomen, das einem auch auf partys, in reisegruppen oder bei anderen gemischten veranstaltungen immer wieder begegnet: ein leiser seufzer, ein viel sagender blick, alles klar. es hat nach 20 jahren nichts mehr mit mode und nur noch selten mit dialekten zu tun: wir fallen einander auf, weil wir nicht weiter auffallen, was den anderen vermutlich nicht mal auffällt, weil sie damit beschäftigt sind aufzufallen.

(-- "schnauze wessi!: showdown beim elternabend", holger witzel)

abzug

you know, it actually /does/ make an unterschied, ob du in deinem onlinedatingprofil bei den "sechs dingen, ohne die ich nicht leben könnte" die formulierung "meinen ipod" oder "musik" verwendest.

(und wenn du fragen mußt, welchen, schreib' besser "meinen ipod".)

querfeld/einlauf

jetzt dann draußen also wieder: diese spätsommerherbstluft während der dämmerungen, wenn man bejackt vor konzerthallen herumsteht und auf freunde wartet und dabei die welt in ihrer schwerfälligkeit bewundert. schild: "rücksendung spitzer gegenstände" und diese spätsommerherbstluft riecht ja ungefähr wie nach-dem-regen-luft, nur weniger kitschig: ein bißchen glühend und ein bißchen funkelnd, aber nicht einlullend und vor allem nicht /aufgeladen/, sondern eher selbstverständlich, auf augenhöhe, als hätte sie die gleichen gebrechen und ideale und haken und hoffnungen im hinterkopf sitzen, so eine luft denn einen hinterkopf hätte. die einzige zeit, in der man zum nachdenken kommt - auf heimwegen und im regen und beim warten, zwischen den jahreszeiten: über angemessenheit, über doppelpunkte und rhythmus, über bedeutungen und zumessungen, über rollenverhalten und scheitern und über satzbau. also: über die musik, die man so wegen sich herumträgt, in kopfbauchherz.

mehr feuer

in einem pressewaschzettel auf einer einzigen seite brian eno, cocteau twins, my bloody valentine, slowdive, this mortal coil, spacemen 3, swans, harmonia, la düsseldorf, alan vega, phil spector, nick drake, scott walker und die einstürzenden neubauten als referenzen und einflüsse zu erwähnen, ist das eine. daß man sich das als deutsche turnschuhabiturientenkapelle namens "fotos" traut, also, das ding von stephan glietsch schreiben zu lassen, ist das andere. das dritte und auf eine größenwahnsinnig-charmante art beeindruckendste ist dann aber, daß die platte sogar richtig gut geworden ist. denn platten, bei denen einen stellenweise ungefragt the jesus and mary chain anbrüllen, sind nunmal meistens gut, presseinfo hin oder her.

hymnen

am morgen danach wird auf facebook kreuz und quer alles ge-liket, was irgendwie mit dem gestrigen arcade-fire-konzert zu tun hat, denn jeder, der dort war, ist lächelnd nach hause gelaufen und lächelnd eingeschlafen und lächelnd aufgewacht. und empathie verpassen will niemand, am morgen danach. wie wohl das gefühl sein mag, eine band zu sein, die für lächeln sorgt, jeden abend, eine band zu sein, die dafür sorgt, daß menschen in hallen glücklich sind, eine band, der man es abnimmt, echt zu sein (geblieben zu sein, sein zu wollen, whatever), trotz der ganzen auch auf facebook immer wieder erwähnten "stadionrock"-sache, -- ob die band wohl weiß, daß ein paar tausend leute in sie verknallt waren am gestrigen abend, spätestens gegen ende während neighborhood #3 (power out) & rebellion (lies), als man freudentränen im gesicht hatte, aber eigentlich natürlich während der gesamten 90 minuten, ob die band wohl weiß, daß dieses positive so sehr abfärbt und für die meisten im publikum immer noch ungewohnt ist und ab morgen wieder sein wird, daß dieses positive vielleicht deswegen so schockierend nah ging, allen, -- wie die band mit dieser verantwortung umgeht, mit diesem nachklang, den sie hinterlassen, mit diesem unbesigbarkeitsgefühl, mit der relevanz, die sie geworden sind.

das würde ich sie gern irgendwann mal fragen.

duisburg und all sowas

ob architektur, kunst, kultur oder alltag – ein ausstieg aus dem pornographischen, nach immer mehr steigerung und eskalation fordernden system des spektakels tut not. das große event, das den einzelnen in die passivität zwingt, zum vieh macht, das den dialog und das wahre austauschen unmöglich macht und nur das besoffene (in jedem sinne des wortes) kybernetische aufgehen in der masse, im sportpalast-mob der neuzeit, ermöglicht, in dem es nur noch um konsumieren und ausscheiden zu gehen scheint, um eine tröstende form von anonymität in den schlangen vor bierwagen und chemotoiletten, um diese seltsame vereinzeltheit in der masse. vielleicht sollten wir wieder lernen, dass fußball auch mit 10 leuten ansehbar ist, dass kleine konzerte schöner klingen als sportstadien-gigs, dass weniger mehr ist.

(-- hd schellnack: tod und spektakel)

fümpf

der eher akademische diskurs rund um social software wurde von niemandem gelesen und in der folge vom eher technokratischen diskurs web 2.0 abgelöst, dieser wiederum wurde von niemandem verstanden und in der folge von social media abgelöst, der aber eigentlich nur angewandte pr ist. was fehlt ist eine theorie, die konsequent den wirklichen wert für den user (entlang des gesamten spektrums individuum – gruppe – gesellschaft – system) in den mittelpunkt stellt.

(-- markus spath: "the death of theory", 5 jahre live.hackr)

lesenswert, von oben bis unten, ..

(und gerade über die sache mit der granularität und atomisierung was zu schreiben liegt mir schon eine ganze weile quer im hinterkopf -- zwar mehr in bezug auf granularität von kulturgütern und rechtskram bzw sich stellenden fragen beim filesharing oder vielmehr bei dem, was da in wirklichkeit passiert, wenn man teil eines "schwarms", einer "cloud" oder eines p2p-chens ist, also über den übergang von bit über artefakt zu "item" im weitesten sinn und wo da die grenzen gezogen werden könnten, sollten, müßten, und, ach, .. bald, vielleicht.)

.. überhaupt das ganze zukunftsding, dieses gefühl beim lesen von hackr.de, wo man auf die nüchternstmögliche text-art there is das funkeln in den augen spürt angesichts der beschäftigung mit fortschritt, -- das begeistert mich. seit rund fünf jahren, übrigens. nurmalso.

wartende maschinen

wartende maschinen. zur ästhetik des hinterhalts -- in berlin derzeit zu sehen im rahmen der sonst leider eher nicht so umwerfenden shannon-ausstellung im mfk. (bonusfeature für blogleser: die "maschine, die auf einen zeitpunkt wartet", hat diesen, übrigens, im letzten jahr -schon- erreicht.)

das ausstellungs-mißfallen, übrigens, kann ich natürlich sehr wohl begründen, wenn auch nur subjektiv halbherzig: der raum ist zu klein, die info-screens nerven, shannon wird reduziert auf eine art "q" bzw. spielzeughersteller, zum riesigen thema informationstheorie und übertragungstechnik gibt es gerade mal ein exponat, .. all sowas, was einen dann eben unbefriedigt nach hause gehen läßt, mit einer handvoll stichwörter in der notizzettel-app des telefons zwar, über themen, die man "daheim mal genauer recherchieren" will, aber auch dem blöden gefühl, daß man das anhand des ausstellungs-flyers auch von vornherein zu hause oder in einer wlan-strandbar hätte machen können.

(shannon wiederum hätte die sache mit der entropie in diesem absatz bestimmt lustig gefunden. aber, ach.)

this is where i sleep, i wanna show you around // (solace!)

zur zeit ist diese, in der das klebrige zeug von den bäumen fällt, so daß es manchmal aussieht, als hätte es geregnet, wenn man abends zu seinem fahrrad zurückkommt und sich die augen reibt vom heuschnupfen. zur zeit ist diese, in der man wieder neue musik entdeckt und jeden tag abwägt zwischen schnellem vorankommen und zurückhaltenderem schlenderflanieren; mehr zeit an start und ziel -vs- mehr zeit für musik auf den ohren. zur zeit ist auch jene, wo man das, was andere sommergrippe nennen, zu ignorieren versucht, denn es gibt jetzt wichtigeres als das zeug da drinnen, und gurgeln und ibuprofen und kaffee schlagen dann gleich mehrere fliegen auf einmal. überhaupt, fliegen. ~~

dann hört man die hundreds-platte und denkt sich, daß das klingt, als hätten sich bodi bill mit barbara morgenstern zusammengetan, ach was, eigentlich ist das eine astreine barbara-morgenstern-platte, denn das zappelige fehlt, was bodi bill manchmal haben, und die hundreds-platte ist eigentlich nur frickelnd und lässig und passend zu dem klebrigen zeug, das von den bäumen fällt, zumindest wenn es nicht ganz windstill ist. die hundreds-platte ist eigentlich wie das ganz alte zeug von barbara morgenstern, also aus der zeit, als jene noch nicht im auftrag des goethe-instituts deutsche klischeeverkopfung unter der weltbevölkerung verteilt hat und anstrengend geworden ist und unbequem, aber nicht diese künstlerische unbequemheit, sondern eine lästige, die nicht mehr zu dieser jahreszeit passt oder irgendeiner anderen. ist aber auch völlig egal, sage ich dann demjenigen, der nicht fragt, was barbara morgenstern macht, denn die hundreds-platte ist eine eins-ah-morgenstern-platte geworden und ist also so vollgepackt mit dieser unaufdringlichen frickeligkeit, wie es sie eigentlich nur im spätsommer gibt, und spätsommer ist das da draußen ja eben nun gerade noch nicht, jedenfalls .. -- die hundreds-platte ist eine geworden, bei der man aus jedem einzelnen pling ein mitte-hipster-strandbar-mixgetränk, etwa (!) mit aperol, heraushört, und sonnenuntergänge hinter dem fernsehturm, womit wir dann, huch, eben doch wieder bei bodi bill gelandet wären. ~~

zur zeit ist aber auch so eine, wo (..) die nerven blank liegen, wo man nur noch bock auf lange sätze hat, aber nicht mehr auf verschachtelte, wo vieles anstrengend geworden ist, insbesondere wenn man beim belauschenwollen des eigenen puls erschrickt angesichts ebenjener lautstärke, und vor lauter panik kann man nicht einschlafen in dieser zeit, weil ja auch überall bewegung ist. und weil man sich dabei ertappt, ratschläge nicht zu beherzigen, die man anderen gibt. am nächsten tag kauft man sich dann neue klamotten und wundert sich über all die menschen und fragt sich, warum das schokoladeneis so fad schmeckt, fader als in der eigenen kindheit jedenfalls, aber das erklärt man sich dann auch wieder mittels all der anderen menschen. und auf blanken nerven hat eis noch nie gut getan, nicht mal damals, als es noch leckerer schmeckte. ~~

es ist die zeit, in der man aperol-mixgetränke trinkt, das hundreds-album hört, man sich über nieselregen freut, festivaltickets wieder verkauft und einem die sommergrippe nichts anhaben kann, weil man sie nicht bemerkt. es ist die zeit, in der man über sich nachdenkt und ahnt, daß man momentan einen müden remix von sich selbst darstellt, dann aber lächelt, denn man hat vorher "gleichmut" im wörterbuch nachgeschlagen. außerdem hat man heuschnupfen, und stimmung. ~~