mick's 15 minutes

mick_23

the name's mick. mick_23. seems i'm not number one anymore. people think they know me. idiots. my turn now. need to show what's real.

mick spricht.

(denn: das unaufgeregte ist's, das einen begeistert, das subtile, das zufällige. irgendwann werden das die viralmarketing-vollpfosten auch noch kapieren. (fürchte ich.))

höhenrausch des wissens

"die leute verwechseln mathematik immer mit rechnen." -- alexander kluge und hans magnus enzensberger fabulieren fünf minuten über mathematik und so. vor allem über "und so". (und gerade die abschweifungen sind ja das, was .. aber wem sag' ich das. symptom, quasi, für das, was enzensberger am ende beschreibt -- daß eine am anfang stehende wissenschaft immer meint, sie könne alles erklären, und die beiden halten sich vermutlich immer noch für eine am anfang stehende wissenschaft. ohne diese naivität ginge es wahrscheinlich nicht.)

interrogangbang

wichtig ist, daß man ehrenhaft bleibt. daß man sich wiedererkennt, wenn man in den spiegel sieht, auch beim blinzeln, vor allem beim blinzeln. wichtig ist, daß man schnee mag, und herbst, und hitze und natur, ganz genau so wie musik und longdrinks und städte. wichtig ist, daß man das siezen schätzt, und daß man andere menschen im singular anspricht, außerhalb von hier. hier drinnen sollte man beides vermeiden. wichtig ist, sein abtrainiertes bauchgefühl wieder zu kultivieren, hinsichtlich sozialer interaktion, gesundheit und medien. wichtig sind texte und inspiration, wichtig sind aber auch schokolade und vinyl.

wichtig wird sein, sich nicht zu vergessen, und sich nicht zuviel abzuschauen, sondern mehr aus sich heraus zu agieren. affekt ist wichtig und empathie, indirekte rede und seltene satzzeichen. regen und nebel sind mindestens so wichtig wie licht und privatheit. und würde nicht nur als konjunktiv. wichtigsein generell ist eher unwichtig, wichtigsein speziell schon eher. ein fester und auch so gemeinter händedruck aber ist sehr wichtig, knutschen ist es, und numerierte listen sind es, und fußwege und umarmungen und das symbolische in äußerungen und handlungen, und nicht-ausschließlichkeit und sehnsucht.

(besonders wichtig, schließlich: aus kitschphrasen bestehende blogtexte nicht zu wichtig zu nehmen.)

radio charisma

es müssen zur gesellschaftlichen umwälzung keineswegs die köpfe rollen. es verändern sich mitunter die gesten und redeweisen, die balance zwischen nähe und ferne, der sex und die liebe, kurzum: das soziale bindegewebe, die ordnung der affekte.

adam soboczynski über sog. "soziale" netzwerke: höfische gesellschaft 2.0. (via)

..

tagespost. "erträge aus den weiteren überschussquellen sterblichkeit und kosten kommen ihnen allerdings in form des schlussüberschusses weiterhin zugute.", teilt mir eine versicherung diesmal schriftlich mit, und wenn man so einen satz noch am eigenen briefkasten stehend liest und dabei nicht in manisches kichern verfällt, ist irgendwas falsch geschaltet im hirn, davon bin ich überzeugt.

kevin

donnerstag. heute schon vier mal mit kevin telefoniert. seinen nachnamen kenne ich nicht, und kevin meldet sich bei der hierzulande unter einer frankfurter festnetznummer geschalteten sony-hotline aus -vermutlich- einem beneluxland, denn er möchte frank immer erstmal mit ck schreiben, wenn ich ihm meine mailadresse buchstabiere. kevin spricht in einem lustigen mix aus englisch und deutsch mit mir, mit deutlich französischem einschlag, über ein qualitativ nicht weiter bemerkenswertes bluetooth-headset, jedenfalls male ich mir das so aus anhand des klangs unserer telefonleitung und der mehrfachen "wie bitte?"-rückfragen, -- genau wie ich mir kevin anhand unserer unterhaltung und seinem sprachstil ausmale als mitte-hipster mit schal von american apparel und fünftagebart und engen jeans, der auch genau weiß, daß leute wie ich ahnen, daß er keinen bock darauf hat, callcenter-agent zu sein, der aber andererseits auch genau weiß, daß leute wie ich wissen, daß unsere telefonate wahrscheinlich von seinen chefs unterschiedlichster hierarchiestufen live mitgehört werden, die kundenzufriedenheit und so, you know.

wir spielen also beide mit, sind höflich und scherzen miteinander, denn eigentlich klingt kevin ja auch ganz cool, und man gibt ja auch dem pizzafahrer immer trinkgeld, denn man redet sich ein, daß der am wenigsten etwas für lieferzeiten und lauwarme pizza kann. so funktioniert idealismus 2009. und obwohl wir also schon zum vierten mal miteinander telefonieren, denn herr sony ist kurz davor, mir "die bestellbestätigungsmail zu faxen" (denn die crm-software von herrn sony scheint auf kunden wie mich nicht vorbereitet gewesen zu sein), verspricht mir kevin jetzt ("isch promise ihnen .."), sich "öchstpersöhnlisch" um meine bestellbestätigung zu kümmern, und wenige minuten später liegt ebenjene mail in meiner inbox. ich bin aufgeregt und kevin ist mein held des tages. go, kevin.

("liebes tagebuch", ja, das war eine drohung.)

tag klaut

montag. versehentlich werbefernsehen geguckt, natürlich dabei verzweifelt. "zufriedenheitsgarantie", ein wort mit ähnlicher anmutung wie "literaturbeilage", falling-down-gefühl sofort beim hören. kein mensch mit rückgrat in der seele möchte 99 cent (plus porto) (per überweisung) (nach vorlage einer kassenquittung) für einen joghurt zurückerstattet bekommen im tausch gegen einen bestätigten adreß-datensatz inklusive zielgruppenscoringwert, oder wie diese werbearschlöcher das auch immer nennen. jeder mensch mit rückgrat in der seele weiß, wie dreckig ein 99cent-joghurt schmecken muß, bei dem noch genug im etat übrigbleibt für eine zufriedenheitsgarantiekampagne. (zufriedenheitsgarantien sind nämlich vielmehr das, was man beispielsweise im unweit gelegenen asia-supermarkt bekommt, wo das neben der kasse beworbene gebäck seltsam aussieht und man die kassierin deswegen nach den schriftzeichen auf der packung und dem inhalt und dem geschmack fragt, und sie in halsbrecherischem deutsch vielleicht nicht direkt weiterhilft, aber durch lächeln und körperhaltung und freundlichkeit ganz allgemein das gefühl vermittelt, daß einem das zeug schmecken wird. und sie muß es noch nicht mal erwähnen, trotzdem weiß man, daß man schlimmstenfalls mindestens sein geld zurückbekäme, es aber so weit sowieso nie kommt, denn das zeug schmeckt eben. und immer, wenn dann wieder dieser begriff im dödelfernsehen fällt, möchte man den rückkanal öffnen und unidanoneprocterlevergamblekraft anbrüllen, daß das andere /echt/ besser können mit dem garantieren von zufriedenheit. aber ich glaube fast, die wissen das ja schon.)

dienstag. zuviel tageslicht. noch nicht mal vormittag, und schon denke ich über borniertheit nach, also die gefahr, in die ich laufe, wenn ich hier so weitermache mit der artikulation ausschließlich schlechter laune. eigentlich wollte ich meine cholerikerkarriere doch erst mit 45 starten. es wird einem aber auch echt viel zu vieles viel zu einfach gemacht. 

mittwoch. ich glaube, man sollte weniger feilen und mehr raushauen. überall. das schlimme an skype-smileys übrigens ist ja die gleichschaltung der animation. also nichts gegen lächeln an sich, aber wenn da erstmal zehn solcher viecher in einem fenster stehen und alle penetrant simultan die schnute ziehen, fühlt sich das an wie eine schlechte stephen-king-verfilmung. daß da keiner aus der reihe tanzt. synchronizität verwirrt mir das denken.

k, anal

zu den eher seltsamen artikulationen von kultur, denen man sonntags so nachgeht, gehört das neusortieren von kanalbelegungen auf fernsehprogrammplätzen, das nachdenken über die dabei verwendete terminologie und die weite zwischen dem technischen vorgang als solchen und dem einrichten, dem anpassen, dem gefügigmachen eines geräts. dem es-sich-bequem-machen. [und so ähnlich fühlt sich das dann vermutlich an, hätte man gerade eine tagesdecke gekauft, schalen mit duftschnörkels oder bunten glasperlen auf dem wohnzimmertisch aufgestellt oder den platz von toaster und kaffeemaschine in der küche wieder mal vertauscht. und ganz knapp bevor's vollkommen armselig wird und man sich als restlos neurotisch enttarnt, läßt man die hinteren programmplätze einfach unsortiert. total punk. ach, nein, punk sagt man ja jetzt auch nicht mehr seit gruner+jahr. wie sagt man jetzt? flippig? schräg? egal.] -- irgendwann beim sortieren der kanäle stößt man ja auf eine sog. "wettervorhersage", und das ist dann der zeitpunkt, an dem man abschalten muß. gar nicht so schwierig, eigentlich. liest man eben mal wieder ein gutes buch. oder nörgelt ein bißchen an der welt rum.

(tiefenschärfe)

kleine, gute bars muß man mindestens halbzufällig finden. in einer seitenstraße, ganz hinten, rechts, und auf dem schild zur straße sollte nur "bar" stehen. die musik muß zwischen seltsamjazz und modeselektor, zwischen 60s und raster-noton ambivalieren. die sofas müssen bequem stehen und das licht vorsichtig sein. wenn man einen gin & tonic bestellt, sollte man nach der bevorzugten gin-sorte gefragt werden. der hund sollte von anderen gästen bewundert werden, auch wenn er nur faul rumliegt. dezenz ist wichtig. auf dem heimweg muß der regen nieseln, und behutsamkeit muß herrschen, überall. man sollte boytronics "luna square" im ohr haben, wenn man den kopf in den nacken kippt, und dann muß, it never ceases to amaze, auf den letzten metern der fernsehturm mit fancy beleuchtung im nachtnebel zu sehen sein. sehr viel mehr benötigt man eigentlich nicht.

demütigungsmaschine

und vielleicht ist ja auch immer noch nicht genug gesagt über castingshows. vielleicht ist bereits alles kulturwissenschaftlich analysiert worden, als untergang des manchmalsogenannten abendlandes bezeichnet, als seltsame progressivität von medien und popkultur behandelt, als lauf der dinge, als "aber immer noch besser wie" irgendein anderes dreckiges nachmittagsformat. und vielleicht stimmt das ja auch alles, mit der rolle von dieter bohlen und der selbstinszenierung von diesem tanzlehrertypen auf pro7.

aber vielleicht, vermutlich, wahrscheinlich ist auch noch nicht ausreichend haß ausformuliert worden über diesem dreck, der sich "popstars" oder "dsds" nennt, und in dem die teilnehmenden kids werte vermittelt bekommen, noch viel subtiler als indem sie sich anbrüllen lassen, sondern: da wird doch ein weltbild propagiert, das so einfach gestrickt ist, es ist zum davonrennen. da wird aus dieser "jeder kann zum star werden"-sloganscheiße ein konstrukt, nach dem die kids zu leben beginnen, in jedem kleinen detailbereich ihres sozioversums. und ehe man sich versieht, haben die kleinen scheißer vergessen, was banden sind, wie man subversiv ist (und warum man das sein sollte), wie man spürt ausgebeutet zu werden bzw. (und) was mobbing bedeutet, und viel allgemeiner noch, sie verlernen (bzw. lernen es erst gar nicht, vom leben), welche menschen so eine (also: diese) gesellschaft steuern und regulieren und wieso das ungesund ist, für alle beteiligten. sie bekommen vermittelt, duckmäuser zu sein zu wollen (aber das natürlich anders zu nennen, klar). ein weltbild, in dem hierarchien wichtig sind und "werte" preisschilder sind und "ziele" awards und "selbstbestimmung" die fernbedienung. in dem alles einfach und überschaubar gestrickt ist, weil die zielgruppe nur penetrant genug vorgemacht bekommt, das wäre erstrebenswert.

(man muß sich doch nur die standard-antwortfloskel anhören auf die standard-klischeefrage, warum "gerade du" angeblich der/die "richtige ist" für die im jeweiligen tv-format beworbene medienhurenkarriere: "weil ich es mir so sehr wünsche" und "weil es mein absoluter traum ist". und mal ganz abgesehen von der kognitiven fehlschaltung (die ja nur wieder zu "früher war alles besser" führt) - hat irgendwann mal einer dieser jury-/moderatoren-penner darauf hingewiesen, daß das keine antwort auf die frage ist? daß es aber natürlich genau die antwort ist, die man im fernsehen (als "fernsehmacher") haben möchte, um einen kitschigen hans-zimmer-score hinter den miesen (weil durchschaubaren) schnitt zu legen?)

vermutlich ist "format" als oberbegriff für diesen mist ja doch wieder sehr passend. und es ist natürlich auch eine binsenweisheit, daß seltsames und ausgefallenes nicht dorthin paßt, wo glattgebügelt und präsentiert und verkauft werden will. genaugenommen ist überhaupt nichts an diesem konstrukt überraschend (und daher, noch genauer genommen, auch nicht mal zu verurteilen, jedenfalls nicht von außen), und in letzter konsequenz und aller liberalität, die ich mir oft auf die fahnen schreibe, also: mit einer "jeder, wie er mag"-einstellung, gibt's an all dem natürlich nichts auszusetzen. aber traurig finden, daß es so läuft -- das gesteh' ich mir dann ja doch wenigstens noch zu. denn manchmal nimmt das ganz schön überhand, mit der traurigkeit: beim wahrnehmen von miteinander interagierenden jugendlichen in der s-bahn; beim blick darauf, wie werbung zur zeit gestaltet ist und auf welche emotionen und affekte sie abzielt; überhaupt fast immer dann, wenn ich aus meiner szene raus- und in die restwelt rein-gehe, und dabei mal die augen und ohren aufmache. da ist vieles im argen, und vieles davon wiederum nicht ausschließlich resultat, aber mindestens doch symptom u.a. dieser wertevermittlung.

(und wenn ich mich, in ein paar wochen, erst mal wieder warmgeschrieben habe, kann ich das alles eventuell auch so ausdrücken, daß es fundiert klingt und nicht einfach argumentativwacklig im raum herumsteht.)